Schönen guten Morgen aus Juf,
mensch haben wir gut geschlafen. Trotz ordentlicher Kälte draußen, war es in Zottl mit eingestellten 15°C schön angenehm. Die Heizung läuft gut, zeigte gestern aber mal kurz eine Fehlermeldung W151H. Die verschwand aber wieder.
Ein Blick aus dem Dachfenster zeigt ein Stück blauen Himmel. Bin überrascht, hatte es schlechter erwartet. Da es bereits 9 Uhr ist, mache ich mich mal ans Aufstehen. Es ist ja Sonntag und das Wochenende endet heute irgendwie.
Die Temperatur zeigt -4°C an. Nach -8°C gestern Abend, eine deutliche Erwärmung. Ein Blick nach draußen zeigt tatsächlich sonniges Wetter. Allerdings nur in die eine Richtung. Aus der anderen, dem Tal, ziehen entfernt Wolken und Nebel auf. Dann mal flott raus und noch ein paar Aufnahmen gemacht.
Außerdem will ich mein SOG überprüfen, ich hab den Eindruck, das funktioniert seit gestern nicht richtig. Bewaffnet mit Schraubenzieher und Kamera stapfe ich raus in Kälte und Schnee. Toll hier oben. Die weiße, karge Landschaft, die hohen Berge, die Ruhe und Stille bei Schnee.
Aber zurück zum SOG: ich vermute, die Luft wird nicht mehr ordentlich abgesogen. Komisch irgendwie. Ist was verstopft? Der Filter eventuell? Ich öffne die Versorgungsklappe, schau mir den Schlauch an und sehe das Übel. Der sitzt nicht mehr fest sonder ist abgerutscht. Da wird also keine Luft mehr abgesaugt. Das erklärt die Gerüche aus der Toilette. Der Schlauch ist mit einem Kabelbinder befestigt. Der hatte wohl zu viel Spiel. So stecke ich schnell den Schlauch wieder drauf, ziehe den Kabelbinder etwas stärker an. Fertig! Meine erste selbst erledigte Reparatur :).
Und schon stapft mir Silvio entgegen. Guten Morgen! Nach einem kurzen Schwatz und einigen Fotos und Aufnahmen wird es mir doch etwas frisch. Der Wind ist stärker geworden, die Wolken näher gekommen. Sieht nach Wetterumschwung aus.
Ich begebe mich in Zottl, wärme mich auf, teste die Toilette und stelle fest: alles wieder tiptop!
Auch den Frischwassertest mache ich: Wasser läuft. Kein Frost in den Rohren. Gut!
Irgendwie ist mir in Zottl langweilig, also geh ich wieder raus. Silvio ist auch draußen und nun stößt auch Jens hinzu. Frisch geduscht und duftend. Hat mal kurz auf 2.126 m Höhe die Tanks geflutet. Somit also auch bei ihm: nix mehr eingefroren. Wasser schießt aus allen Öffnungen.
Kurze Diskussion bei stärker werdendem Wind: wo frühstücken wir? Eigentlich logisch, wo waren wir noch nicht? Bei Silvio im kurze Roller Team. Wir verabreden uns für in 20 Minuten. Und wieder rein in Zottl und Frühstück vorbereiten. Heute ist wieder alles normal. Kein Zopf oder Brot Frühstück. Ausgleichsmasse und Müsli stehen auf dem Programm.
Bevor ich jedoch meine Ausgleichsmasse genießen darf, muss ich mir noch einen Kaffee zubereiten. Dafür hab ich ein neues Spielzeug. Mir ist nämlich aufgefallen, dass ich gerne mal schnell einen Kaffee trinken würde, aber davor zurück scheue, immer die Bialetti anzuwerfen. Für mich alleine und wenns mal nur kurz ein Espresso sein soll, nicht ganz so praktisch. Da musste eine Lösung her. Und so kam es, dass eine Nanopresso zufällig in meinen Amazon Warenkorb gewandert ist. Leider machte ich dabei einen kleinen Fehler, denn ich wollte eigentlich die Kapsel Version. Verpeil es aber und kauf jene für gemahlenen Kaffee. Verdammt!
Aber macht nix. Es gibt passendes Zubehör um Kapseln zu verwenden. Muss aber erst wieder in Deutschland bestellt werden.
Lange rede, kurzer Sinn: die Nanopresso wird heute das erste Mal getestet (Video). Zuerst mal spülen, dann heißes Wasser durchlaufen lassen um sie aufzuwärmen. Anschließend folgt der Kaffee Durchgang. Einige male pumpen und schon fließt das braune Gold in die Nordkap Tasse. Wow, und sogar Crema oben drauf. Geschmacklich passt es auch. Cool! Das Teil darf in Zottl bleiben.
Die ganze Filmerei zur Nanopress hat logischerweise länger als 20 min gedauert, jetzt muss ich mich sputen. Schnappe Frühstück, Kamera und Kaffee und trete vor die Tür…und da….wow…was ist passiert. Hallo Wetter! Es schneegrieselt, dazu gibt’s Sturm und Kälte mit Nebel. Heftig! Ich kämpfe mich durch das Wetter zu Silvios Kasten. Jungs!!! Macht schnell auf. Will hier nicht zum Schneemann werden. Haaallloo!!!
Jens erbarmt sich und öffnet die Schiebetür, nimmt mir mein Futter ab und lässt mich eintreten. Die Schuhe bleiben, wie immer, vor der Tür stehen. Ich habe extra Schuhe für „um den Kasten“ rum. Die stehen gerne auch mal vor der Tür.
Wir sortieren uns in Silvio’s kuscheliger Dinette um den Tisch. Das geht auch bei einem 540 cm Kasten mit Heckquerbetten. Wobei seine Dinettbank schon sehr eng ist und nur für schlanke und drahtige Personen geeignet ist.
Und so sitzen und essen wir, Jens erzählt von seiner anstehenden Panamericana Tour im November 2019. Immer wieder spannend zu lauschen. Natürlich nimmt er auf diese Tour seinen Clever, sowie Freundin und seinen YouTube Kanal mit. 12 Monate wird er unterwegs sein. Das verspricht spannende Videos.
Vieeeel später schaut Jens auf die Uhr: 12:20 Uhr! Wir machen große Augen. Wo ist der Vormittag hin? Er ist auf jeden Fall weg, das steht fest. Somit sollten wir auch so langsam mal aufbrechen. Sind ja noch ein paar Höhenmeter bis runter ins Tal.
Das Wetter…nochmal schlechter. Sturm. Silvio’s Kasten wackelt bei einigen Sturmböen. Der Schnee fliegt waagerecht. Aber hilft nix. Wir müssen raus. Entscheiden aber, es ist besser durch die Beifahrertür auszusteigen. Die gibt Windschutz. Wer jetzt die Schiebetür öffnet, lässt Sturm und Schnee voll rein. Das wollen wir Silvio nicht antun.
Und natürlich: unsere Schuhe sind voll eingeschneit. Da Jens an der Tür sitzt, darf er unsere Schuhe vom Schnee befreien. Was für ein Service. Allerdings muss ich leider reklamieren, meine Schuhe haben noch etwas zu viel Schnee, da muss er nochmal ausklopfen. Im Anschluss stimmt die Ausklopfqualität und ich kann in die kalten Schuhe steigen. Danke schön, Jens!
Im Sturm noch schnell ein paar Aufnahmen und dann nix wie in Zottl. Der muss aufgeräumt und fahrfertig gemacht werden. Und es liegt einiges rum…dauert also noch einen Moment.
Oh und hier steht noch eine Dose Saarländisches Bier rum. Das muss noch zu Jens. War in dem Paket von Thomas, welches ich gestern Nacht noch ausgepackt hatte. Also, nochmal raus in den Schneesturm, zu Jens vor. Bierübergabe. Absprache wegen Abfahrt: in 5 Minuten.
Pünktlich finde ich mich auf dem Fahrersitz wieder, neben mir sitzen Co-Pilot und Friedrich. Beide etwas sorgenvoll aufgrund des schlechten Wetters. Aber hilft nix. Wir müssen hier weg. Motor an und als Silvio anfährt, gebe auch ich Zottl die Sporen.
Keine 100 Meter später sehe ich NIX mehr. Von jetzt auf gleich hüllt uns eine starke Böe in Schnee ein. Silvio, der eigentlich nur 10 Meter vor mir ist, verschwindet. Ich sehe außer weiß nix mehr, komplettes White-out. Wow! So fühlt sich das also an. Wo war noch gleich die Straße?
Kurz darauf haben wir zum Glück wieder Sicht, korrigieren den Kurs und fahren Silvio hinterher. Was für ein Wetter. Die Straße ist weiterhin weiß, ein Bremstest zeigt aber ordentliche Verzögerung. Dennoch fahren wir vorsichtig und langsam den Berg runter. Da ich gerne auf Schnee und auch bei Schneefall fahre, machen mir weder Wetter- noch Straßenbedingungen etwas aus. Ich genieße es und merke auch, wie sich Friedrich und Co-Pilot mit jedem Meter etwas mehr entspannen.
Nach vielen Km auf Schnee, empfängt uns dann irgendwann wieder der schwarze Asphalt. Wir denken: das wars. Ab jetzt alles gut. Täuschen uns aber, denn ein deutliches Stück tiefer wird die Straße wieder weiss und es schneit. Jens, der Kopf unseres kleinen Konvois, drosselt das Tempo deutlich und wir schleichen den Berg runter. Überstehen aber auch diese Passage ohne Blessuren oder Rutschen und erreichen nach vielen Höhenmetern, etlichen Kurven und Schneepassagen die Autobahn. Die ist trocken und schneefrei und so fahren wir bis zur nächsten Raststätte (Viamala) wo wir rausfahren um uns zu verabschieden. Aber hier fährt jeder seiner Wege nach Hause.
Und dann passiert es: als ich Jens und Silvio bei der Abfahrt vom Rastplatz filme, löst sich meine Canon EOS 77D von meinem Joby Ministativ (5K) und fällt aus 1,5 m Höhe ungebremst auf den Boden. Das Ganze ging so schnell und kam so überraschend, dass ich null reagieren konnte. Ich steh einfach da und sehe, wie in einem Alptraum, wie meine treue und zuverlässige Canon voll auf den Asphalt knallt. Mir geht nur noch durch den Kopf: das wars! Das hat sie nicht überlebt. Jetzt muss ich wieder 600-1.000 CHF in die Hand nehmen und eine neue Kamera kaufen. Verdammt!! Dabei ist die Kamera mal so gerade ein Jahr alt. Mit zwei Jahren Lebenszeit unter diesen schweren Bedingungen hatte ich schon gerechnet. Verdammt!
Mit der Sicherheit, dass die Kamera im Eimer ist, bücke ich mich und heb sie auf. In der anderen Hand halte ich noch immer das Joby Stativ. Als ich mich wieder aufrichte und die Kamera in der Hand halte, sehe ich zumindest mal, dass nix abgesplittert oder gebrochen ist. Aber Kratzer am Gehäuse gabs. Wie sieht das Objektiv aus? Nicht gesprungen. Sieht heil aus. Die montierte Gegenlichtblende hat sicher den Schlag etwas abfangen können. Display sieht auch gut aus, nicht gebrochen.
Dann kommt der nächste Moment der Wahrheit, ich schalte sie an. Nix. Kein Muchs…oh verflucht…dann bemerke ich, dass die Klappe des SD Karten Fachs offen steht, die SD Karte ist nicht drin. Ich schaue mich um und sehe sie am Boden liegen. Schnapp sie mir schnell leg sie ein und die Kamera erwacht zum Leben. Puh…okay…aber auch das heißt noch nix. Ich nehme mal kurz eine Test-Sequenz mit Sprache auf und spiele sie sofort darauf ab. Tut das Mikro noch? Hat es Ton aufgenommen?
Als ich den Play Button drücke…grenzenlose Erleichterung…Ton gut, Bild gut. Es sieht so aus, als lebe die Canon noch. Hat zwar ein paar mehr Kratzer im Gehäuse, Rest aber wohl ok. Puh, bin ich froh!
Erleichtert setze ich mich wieder in Zottl, Motor an, ab nach Hause.
Auf der Raststätte Herlisberg wird entsorgt, sogar das Frischwasser ist an. Neulich war es abgestellt. Auch den ganzen letzten Winter war es aus, egal ob Frostperiode oder nicht. Komisch! Aber was solls, so kann ich hier auch die Toilettenkassette entsorgen und spülen.
Auf der Heimfahrt komme ich auch wieder durch Rothenthurm, bei der Subaru Garage Nussbaumer wasche ich Zottl noch gründlich und fahre im Anschluss langsam nach Hause. Will ihn ja nicht gleich wieder einsalzen.
5 Minuten später parke ich und beginne den Ausladeprozess. Trage das Team und mich selbst in die Wohnung und freue mich nicht auf Montag.
Danke schön fürs Mitreisen und ich freue mich auf die nächste Tour mit euch.
Viele Grüsse
Kai
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