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#911 Wales - Alles dreht sich um die Kohle

26.03.2024 Das Schwarze Gold von Wales

        

Schönen guten Morgen, 

 

wir stehen im Wald. Wachen auf, was ein Glück, haben gut geschlafen und sind fit. Die Heizung zeigt nach 3 Startversuchen E122H, also alles wie immer. Und das, nachdem das Luder die letzten Tage sauber lief. 

Neuer Startversuch...plötzlich Nebel im Wald neben uns. Die Truma Combi D6 qualmt wie eine alte englische Dampflock. Aber immerhin springt sie an auf kleiner Leistungsstufe. 

 

Ich gönne mir einen leckeren Tee und etwas MegaMobil Wurst und ziehe mich dann an. Gummistiefel, Winterjacke, Helm und Handschuhe. Nein, ich will nicht Untertage, aber auf meinen eScooter. Wir stehen hier an und in einem Wald mit schönen Waldwegen. Aber Vorsicht: eScoter sind in UK eigentlich verboten. Warum? Hm...denke, die Briten bekommen das besoffen und auf der falschen Straßenseite einfach nicht gebacken, dann auch noch die Balance zu halten.... Vermutlich werden bald auch Fahrräder abgeschafft. Aber egal, wir halten uns ja öfter mal nicht an Regeln. Ihr müsst das ja nicht nachmachen! Mir ist es wurscht, der Driveman Offroad ist voll und wir nüchtern. Also los. Schlüssel rein und ab geht die Post. 

 

In gemächlichem Tempo fahre ich über die Waldwege. Die Jungs wollten nicht mit, bleiben lieber in Zottl und machen dummes Zeug. Dafür sind sie ja bekannt. 

 

Unsereins fährt in den Wald rein, findet Holz rumliegen, Plastikbäume die gepflanzt wurden und gerodete Bereich die noch auf Aufforstung warten. Aber auch schönen, richtigen Wald gibts. Mit hohen Bäumen und Walddunkelheit. Toll hier. Und ich der Einzige ohne Hund. Hier latschen eigentlich nur Leute mit ihren Hunden. Den ganzen Morgen war es auf dem Parkplatz ein Kommen und Gehen. Jeder hatte 1,2,3 Hunde dabei. 

 

 




Meine Fahrt endet am Speech House Lake. Ein kleiner Angelsee. Lizenz muss man beim Angelclub kaufen. Wir nicht. Haben ja keine Angel dabei. 

 

Der See eher überschaubar, aber schön gelegen und eingerahmt von Bäumen. Und als ich gerade weiter fahre, stolpere ich schier über 4 Gänse. Ich stoppe, steige ab...und sehe das erste mal in meinem Leben Gänsenachwuchs. Leicht grünlich und gut getarnt flauschig tapsen sie hier um ihre Eltern rum. 5 Stück. Meine Herren sind die süss. Zum Glück hab ich meine Canon EOS R6 dabei mit 25-250mm Objektiv. Das reicht um etwas näher ran zu kommen. Die Tiere nicht scheu, an Menschen wohl gut gewöhnt. 

 

Nach einigen Aufnahmen und Bildern, schwimmt die Familie davon, ich drehe meinen eScooter und fahre zurück zu Zottl. Wir haben heute noch was vor und haben dafür nur bis 17 Uhr Zeit. Jetzt ist es 13 Uhr. Eine Stunde Fahrt ist es bis zum neuen Ziel. Also mal flott!

 

Zurück in Zottl wird der eScooter wieder im Keller verräumt, der Van klar gemacht, die Gang nach vorne geschleift und los gehts. 

 

Immer schön links fahren! So erreichen wir dann auch Wales ohne es zu merken. Der Verkehr noch immer stark, wo wollen die nur alle hin? 

 

Wir wollen zur BIG PIT. Einer walisischen Kohlemine die von 1880-1980 erst Eisen und dann Kohle förderte. Wales generell reich an Bodenschätzen und die Mine nur eine von vielen in der Region. BIG PIT wurde nach der Stilllegung für 1 Pfund von der Gemeinde gekauft und anschließend in ein Industriemuseum umgewandelt. Kostet keinen Eintritt, einzig das Parken kostet 5 Pfund für den ganzen Tag. 

 

Nach einer Stunde Fahrt und über einen hohen Berg, kommen wir zur Mine die in Blaenavon liegt. Am Rand der Stadt. Der Parkplatz ist so schräg wie des Co-Piloten Nase und nur leicht beparkt. Auf dem Busparkplatz stehen jedoch 3 Reisebusse. Auf dem Gelände der Mine sehe ich einen Haufen Kinder rumrennen und sitzen. Ich hoffe einfach, die sammeln sich und hauen demnächst in ihren Bussen wieder ab. 

 

Mein Plan geht auf, 20 Minuten später fahren die Busse ab, das Gelände leer, wir können los! Auf gehts. Man kann hier auch untertage fahren. 90 m Tief in dem von Hand gegrabenem Schacht aus 1880. Doch erstmal muss ich den Parkautomat knacken. Was schwierig aussieht, ist zum Glück einfach. Danach latsche ich zum Auto zurück und lege das Ticket in den Van. Pay and Display heisst das hier und ist ungefähr so altbacken wie kölnisch Wasser. 

 

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Im Anschluss rein ins Gebäude. Eintritt kostet es tatsächlich keinen. Doch gibt es ein anderes Problem: Alles was Batterien hat ist unter Tage nicht erlaubt. Explosionsgefahr! Heisst: ich kann die Untertagetour nicht filmen! Das ist Mist! Hätte ich das früher gewusst, ich wäre wohl nicht hergekommen. Ist dies doch das Highlight. Aber gut, jetzt bin ich da und schon drin. Also Tour machen, ohne Kamera. 

 

Kurz darauf stehe ich am Schacht, bekomme eine alte Bauarbeiter Lampe an meinen Helm befestigt und bin bereit. Alle Akku betriebenen Komponenten von mir kommen in ein Schließfach. 

Danach geht es mit einer Gruppe von 7 Leuten in den Aufzug und den Schacht runter. 90 m freier Fall wenn hier die Technik versagt. Mit uns sieben Leuten plus Führer und noch einem Guide, ist die Kabine auch schon gut gefüllt. 

 

Ruckzuck sind wir unten und stehen im Stollen. 45 Minuten soll die Tour dauern. Wir laufen los, erstmal ein Zugangsstollen zu den Kohle Flözen. Immer wieder versperren Türen den Weg. Diese wurden damals von Kindern geöffnet und geschlossen um die Wagen mit Kohle passieren zu lassen. Es braucht die Türen, um den Luftzug zu steuern und zu kontrollieren. 

Gezogen wurden die Karren vor der industriellen Revolution von Frauen und/oder Pferden. Ganze Familien arbeiteten hier unter Tage. Der Mann am Kohle aus dem Fels hauen, die älteren Kinder mussten die Kohle auf den Karren laden, die Frau/Pferd zogen den Karren bis zum Schacht. Die Karren waren mit dem Familiennamen versehen, so konnte die hoch gebrachte Kohle zugeordnet werden und entsprechend wurde die Familie bezahlt. 

 

So kommen wir als nächstes zu den Kohlenflözen. Der Bergarbeiter musste hier Kohle aus dem Berg holen und gleichzeitig Wände und Decke abstützen mit Holzbalken aus weichem Holz. Weich deshalb, weil man hier hören konnte, wie das Holz zu brechen drohte und sich noch in Sicherheit bringen oder weiter verstärken konnte. 

 

72 Pferde waren für diesen Bereich zuständig. Im Alter von 4 Jahren kamen sie unter Tage und dann auch nicht mehr ans Licht. Ihnen erging es hier unten jedoch besser als den Bauarbeitern, galten sie doch als wertvoll. Wurden gut gefüttert, gestriegelt und genug Frischluft gab es auch. 

Erst viel später, als die Minen unter staatlicher Aufsicht waren und es für alle Arbeiter Ende Juli, Anfang August 2 Wochen Urlaub gab, kamen auch die Pferde für zwei Wochen ans Tageslicht. In einer Nachtschicht, so dass sich ihre Augen bei Dämmerung an das Tageslicht langsam gewöhnen konnten. 

 

Ansonsten wurde hier 6 Tage die Woche gearbeitet. Nur der Sonntag war frei. Die Kinder hatten dann jedoch Sonntagsunterricht. Bezahlt wurden die Arbeiter häufig in einer eigenen Bergwerkswährung, die nur für Bergwerksshops, -Behausungen und -Pubs galt. So wurde sichergestellt, dass nur schwierig gespart werden konnte und die Arbeiter nicht plötzlich mit ihrem Ersparten kündigten und sich bessere Arbeit suchten. Wer hier einmal im Untergrund war, blieb bis er starb oder zu alt war. 

 

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Die Tour führt weiter, geht 46 Stufen bergab, die meiste Zeit laufe ich geduckt, weil die Decke so tief ist. Kühl hier unten übrigens, der stete Luftzug macht es nicht besser. 

 

Unten angekommen....geht es wieder berghoch. Wieder müssen wir geduckt laufen. Echt anstrengend. 

Die Mine übrigens eine der wenigen, die nicht mit Wasser zu kämpfen hat und hatte. Dieses fliesst hier durch das Gestein ab und in einen unterirdischen Fluss. In anderen Minen muss das Wasser abgepumpt werden, was enorm kostenintensiv ist. 

 

Nach weiteren Stopps und Erklärungen kommen wir wieder am Hauptschacht an und fahren die 90 m wieder hoch ans Tageslicht. 

 

Oben bekomme ich mein Equipment zurück und kann mich nun noch frei auf dem Gelände bewegen. Oberhalb des Schachtgebäudes im KING COAL Haus, wird noch ein 10 minütiger Film gezeigt und im Anschluss gibt es noch einige interessante Infos und Anschauungsmaterialien wie die industrielle Revolution den Bergbau verändert hat. Statt von Hand klopfen oder sprengen wurde gebohrt und gesägt. Maschinell, schnell aber enorm staubig. Förderbänder transportierten alles zum Schacht und hoch ans Tageslicht. Cool gemacht!

 

Weitere Stopp als nächstes ist das Miners Bath House. Hier wurde der Kohlestaub abgewaschen. Zudem gibt es noch weitere Infos zum Thema Bergbau und wie Kohle über Jahrmillionen überhaupt erst entstand. Von hier begebe ich mich bergab, schaue noch kurz in der alten Schmiede vorbei, der wohl wärmste Ort weit und breit damals und laufe danach zurück zu Zottl. 16:30 Uhr. Genug gesehen. Ich bin durch. Wohin nun ?

 

Bevor ich das entscheide, schocken mich mal wieder meine Mitreisenden. Haben die doch alle meine Pandabären von Henk gegessen. Ich bin fassungslos. Gut, immerhin haben sie nicht gesoffen...aber alle meine Kuchenpandabären zu essen ist schon recht frech. Natürlich sind sich Co-Pilot und Friedrich keiner Schuld bewusst und fragen nach einem Whisky. Ich verdrehe die Augen, schnappe sie, setze sie nach vorne.

 

Kurz suche ich nach einem Schlafplatz in der Region. Eigentlich wollte ich noch weiter ziehen. Doch die Kohlegeschichte dauerte länger als geplant. Daher....hm....okay...45 Minuten von hier...aufm Berg. Klingt gut. Schauen wir es uns an. Motor an. Los. 

 

Noch immer viel Verkehr, erst gen Berg wird es weniger, dafür laufen nun Schafe frei rum. Was allerdings bedeutend schöner ist als Autos. Die Landschaft wird karg und baumlos. An einem riesigen geernteten Baumbereich fahren wir entlang, dann links und schon sind wir oben auf dem Berg. Bei Sonne sicherlich grandiose Sicht. Bei Wolken und ein paar Regentropfen semi geil. Zudem stehen wir hier voll an der Straße. Der Spot sicherlich nicht der Knaller. Aber egal. Gibt auch nix besseres in Schlagdistanz. 

 

Ich schaue mich um...links geht ein Weg weg. Das könnte Zottl schaffen. Kurz steinig bergauf 10 m, dann grüne Wiese. Kameras aufstellen und los. Das Einzige was kurz schleift, ist die Unterseite des Kuhfängers, sonst kommen wir gut hoch. Und das trotz Fahrfehler, ich gebe zu wenig Gas und bleib am Hang stehen. Muss wieder anfahren. Die Kupplung freuts nicht, aber die ATs können mal wieder zeigen, wie gut sie Grip haben. Ohne durchdrehen ziehen sie uns hier hoch. Wow! Respekt Zottl! Kannst es noch!

 

Oben stehen wir zwar auch aufm Präsentierteller, aber egal. Hier ist nicht viel los. Ich parke uns leicht bergab hin und starte das abendliche Kochprogramm. Chicken mit Whisky-Soße, Knobi, Zwiebeln und Knödel. Wann hatte ich das zuletzt? Jo...genau! 40 Minuten später esse ich....19 Uhr...grandios lecker! 

 

Der Rest des Abends vergeht mit schneiden und Blog tippen. Um 1 Uhr nachts, also jetzt, tippe ich hier die letzten Zeilen und bin bereits fürs Bett. Morgen ist Samstag...Wochenende....äh..was ist das genau? Keine Ahnung, aber wir werden weiter ziehen. Berge oder Meer? Unklar....aber nass wird es wohl von oben werden morgen. 

 

Gute Nacht und bis morgen.

Kai und Team

 

 

GPS Koordinaten:

morgens: 51.808897, -2.534747

Kohlebergwerk: 51.773039, -3.105481

abends: 51.714426, -3.111888

 

Unsere heutige Route: ca. 90 km

 

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Kommentare: 1
  • #1

    Joachim H. (Mittwoch, 15 Mai 2024)

    Schon schade, dass Du unten in der Mine nicht filmen dürftest, aber in dem Fall handelt es sich wohl ausnahmsweise um ein Verbot, das Sinn macht.