Mittwoch, 1. November 2023 - Wir übergeben den Staffelstab und Prost
Moin,
8 Uhr…draußen hell. Morgens also bei weitem nicht so spät hell wie es nachmittags früh dunkel wird. Interessant.
Draußen heute keine Rentiere, dafür hunderte oder sogar tausende Möwen am Strand. Es geht auf Hochwasser zu und die Biester fischen hier nach Muscheln, Tang und was sonst noch so. Ein riesen Trubel. Am Horizont kommt Farbe ins Spiel. Rot, orange, rosa zeigen sich. Doch einen Sonnenaufgang sehen wir nicht. Die Wolkenbank davor unterbindet das. Schade. So filme ich ein wenig aus dem Bett raus, stelle die Heizung höher und bereite Heisswasser auf. Duschen steht auf dem Plan.
Gegen 10:30 Uhr bin ich fertig, stehe vor der Tür und ne Minute in der Sonne. Dann ist sie weg. Hinter Berg und Wolken verschwunden. Es ziehen Wolken rein, es graupelt und oder regnet. Zudem geht ein starker Wind.
Dennoch, super schöner Spot. Eigene Bucht, niemand kam oder ging. Absolute Ruhe bis auf den heulenden Wind.
Wir machen uns nun auch auf den Weg. 3 Nächte hier reichen, das Wetter heute auch nicht brauchbar für Outdoor Aktivitäten. Also: Motor an, drehen und Tschüss sagen. Zu Möwen, Rentieren, Hamningberg. Auf dem offiziellen Parkplatz steht allein und verlassen ein Camper. Somit überreiche ich hier den imaginären Staffelstab. Nun seid ihr hier die letzten Bewohner. Ein alter TI aus Deutschland. Viel Erfolg.
Wir fahren bei Schneefall ab und machen uns auf den Weg, die 40 km nach Vardö zu fahren. Es schneit, windet und ist grau. Der Weg eisig aber mit unseren BF Goodrich AT und dem Allrad des KaiMAN kommen wir gut voran. Selbst der kleine Pass mit gut Steigung und Gefälle ist easy zu fahren. Wir schlängeln uns wieder an vielen Felsen vorbei und rollen an tollen Stränden entlang. Nach 2/3 der Strecke bessert sich das Wetter. Der Niederschlag stoppt. Der Co-Pilot lässt die Mavic 3 Pro in die Luft.
Kurz vor der Flugverbotszone um den Vardö Flughafen, landet der Co-Pilot und strahlt über beide Fellbacken. Toller Flug!
Und wie weiter jetzt? Links nach Vardö oder rechts nach Vadsö? Wir entscheiden: Links!
Fahren durch den Unterseetunnel und nochmal zur Entsorgung an den Hafen. Dort sehen wir gerade noch, wie der Seenotrettungskreuzer ablegt und aufs Meer fährt. Hoffentlich nix schlimmes passiert?!
Ich steige aus und liege fast auf dem Hintern. Es ist schweineglatt. Ich laufe wie auf Eiern. Ein angeleinter Hund steht hier noch rum und bellt munter. Sieht sehr wuschelig aus.
Müll weg, BioToi Urin weg. Wasser füllen? Außenhahn ist zu. Ich könnte es innen am Waschbecken abzapfen…aber egal. Ich schenk es mir. Hab noch genug im Tank. Weiter.
Wieder bin ich froh, hab ich Allrad. Die Straßen in Vardö sind spiegelglatt. Der Boden kalt, die Lufttemperatur knapp über Null. Das verwandelt hier alles in Eisbahnen. Ich glaube, mit Zottl und reinen Winterreifen hätte ich es hier sehr schwer gehabt. Mit dem KaiMAN muss ich nur beim Bremsen und in Kurven höllisch aufpassen. Traktion beim Anfahren haben wir hingegen genug.
Jetzt hoch zum Rema 1000. Der liegt oben auf dem Berg, unterhalb der riesen Radarstation. Wir kommen gut hoch, parken, einkaufen. Schon geil, das wir wieder hier sind, im gleichen Rema einkaufen wie vor 2 Jahren. Das ist einfach der Hammer. Soviel schöne Erinnerungen und dabei kreieren wir laufend neue Erinnerungen. Bin sooo gerne hier!
Viel brauchen wir nicht: MILCH! Wichtig! Die Crew streikt seit heute Morgen. Ich sitze alleine vorne im Cockpit. Ohne Milch, keine Arbeit! Da helfen auch keine Bamse Mums oder Honig. Game over! Insert Milk!
3 Liter kaufe ich, dazu noch etwas Fleisch, Chips, oh….Eis….hm….Wasser und ein paar andere Kleinigkeiten.
Zurück auf dem Parkplatz, bin ich froh, hab ich den Einkaufswagen als Gehhilfe auf dem glatten Boden. So lässt es sich halbwegs sicher laufen.
13:30 Uhr. Bald schon wieder dämmerig. Ich glaub, wir fahren noch raus auf die kleine Landspitze und parken dort. Happen essen und etwas arbeiten. Für heute Abend hab ich hier noch was vor, was ich letztes mal nicht gemacht habe.
Vorsichtig also wieder vom Berg runter, auf die Hauptstraße, rechts. 500 m weiter parke ich mit Blick auf die Hafeneinfahrt. Draußen immer wieder irgendeine Form von Niederschlag.
Ich mache mir zwei Spiegeleier, esse meine letzte Scheibe Roggenbrot und lege noch ein paar Scheiben Käse mit drauf. Lecker!
Und jetzt: arbeiten!
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Um 15 Uhr blicke ich raus….bald dunkel und oh: der Seenotkreuzer kommt zurück. Und was schwimmt da 150 m hinter ihm? Ein Boot!
Fährt es oder wird es geschleppt?
Canon 600 mmm bringt die Antwort. Es hängt an einem Seil und wird geschleppt. An Bord sind 2 Leute. Tippe mal auf einen technischen Defekt. Nach Feuer oder ähnlichem sieht es nicht aus.
Der Kreuzer schleppt das kleine Bötchen in den Hafen. Alle in Sicherheit. Sehr gut!
Um 16 Uhr das nächste Boot. Ein großes. Ohne Seil. Hurtigruten läuft ein und macht dabei mal kurz einen Höllen Lärm. Hupt viermal so laut, das dem Co-Pilot die Watte klingelt. Alter Eisbär….
Um 18 Uhr fährt der Camper auf den Hof, der vorhin noch in Hamningberg stand. Scheint, er wollte dort nicht übernachten.
Um 19 Uhr: Reisreste mit Spiegelei und um 20:30 Uhr: Motor an. Wir fahren ab. Haben noch was vor.
Waren die Straßen vorhin glatt, sind sie jetzt spiegelglatt. Bremsen? Schwierig! Wir schleichen über die Hauptstraße, fahren nochmal eine Etage tiefer zur Entsorgung am Hafen. Kleinen Berg runter…wer hier zu schnell ist und nicht mehr bremsen kann, landet im Hafenbecken!
Ich fahre möglichst weit rechts, dort noch etwa Schnee der den Reifen mehr Halt gibt. Wir kommen so gut unten an. Als ich aussteige: gefrorenes Wasser unter den Füßen. 5 m zum Mülleimer, 5 m zurück. Auf dem Rückweg legt es mich schier auf den Hintern. Ich wedle schon mit den Armen um das Gleichgewicht zu halten. Die Schuhsolen verlieren den Grip. Ich fange mich so grade noch und schleiche die letzten 3 m zum Van. Alter Polarbär.
Wenden, den vereisten Berg wieder hoch. Der KaiMan tadellos. Oben rechts um die Kurve…läuft. An Kino und Hallenbad vorbei, Hafen rechts von uns und nach 500 m fahre ich am Stellplatz vorbei, drehe kurz darauf und parke parallel zur Straße. Wir sind da. Der letzte Pub vor dem Nordpol! Ewig alt. Hier haben schon Nordpol Expeditionen begonnen. Zudem haben sie ein eigenes Craft Bier das ich probieren will. Nordpole Ale!
Innen empfängt mich echte Pub Atmosphäre. Links der Sitzbereich voll. Rechts die Bar und alles frei. Ich laufe rechts, kaufe ein Nordpole Ale für 120 NOK, rund 10 Euro, 0,3 L. Frage ob ich filmen darf, ja, kein Problem und setze mich. Den KaiMAN hab ich von meinem Platz im Blick, einschenken und Prost. Das Bier schmeckt super. Der Pub gemütlich. Hier kann man sicher toll kalte und stürmische Abende verbringen. Allerdings wird man dabei wohl auch arm. Trinkt man hier 3 oder 4 Bier sind 30-40 Euro weg. Das reicht andernorts für einen Vollsuff. Krass.
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Ich genieße mein Bier, beantworte YouTube Kommentare am Handy. Zum labern ist niemand hier. Also arbeite ich ein wenig. Irgendwann stehe ich vor einem Problem: Bier leer! Ich hätte schwer Lust auf ein zweites. Doch: 1. muss ich noch fahren und zweitens dreht Friedrich durch wenn ich noch ein 10 EUR Bier bestelle. Daher, Jacke an, tschö sagen und schon steh ich wieder draußen auf der glatten Straße. 22 Uhr. Und jetzt?
Wir verlassen die Stadt. Bei Nacht und ohne Nebel. Fällt leichter als es morgen bei Tag zu tun. Ich mag Vardö so, wie ich selten Dörfer mag. Ich könnte hier irgendwie Wochen verbringen…keine Ahnung warum.
Wenn wir hier jetzt noch nächtigen, kommen wir morgen wieder nicht in die Puschen weil der Abschied schwer fällt. Also….jetzt. Schnell durch den Tunnel, auf der anderen Seite die Straße genauso glatt. Es geht gen Dolmen, kleine Passstraße und nach 3 km kommt rechts ein Parkplatz. Hier pennen wir. So sehen wir Vardö immerhin noch.
Bis Mitternacht arbeite ich noch etwas. Esse Eis vor den Augen des Co-Piloten…Tripple Karamell das nun so nicht mehr heisst, aber noch genauso gut schmeckt. Tja Co-Pi, wer nicht arbeitet, bekomme auch kein Eis. Da schaut er ganz traurig und ach, was soll ich sagen…er bekommt dann doch auch noch etwas Eis. Gefühlt löffeln wir gemeinsam aus der Verpackung. Er einen ich zwei.
Zur Geisterstunde baue ich um und lege mich ins Bett. Tippe noch die erste Hälfte diese Blogs bis mir die Augen zu fallen. Ende für heute. Morgen verlasen wir diese Gegend und schauen nach neuen Orten und Abenteuern. Wir schauen uns noch etwas mehr in der Region Varanger um.
Gute Nacht und viele Grüsse.
Kai und die Streiker
GPS Koordinaten:
morgens: 70.543428, 30.589947
abends: 70.341154, 31.018550
Unsere heutige Route: ca. 45 km
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