Hallo ihr lieben,
Wochenende….letztes Wochenende mit 10 Vans unterwegs im Elsass. Dieses Wochenende ist mir nach Ruhe. Ich will alleine los. Ohne Wingman oder Wingwoman. Nur unser TCL Team. Co-Pilot, Friedrich, Zottl und ich. Es soll geruhsam werden, es ist der dritte Advent.
Das Ziel: Schnee finden! Es geht ja schließlich auf Weihnachten zu und da muss ja auch das weisse Zeug ins Spiel kommen…und nein, ich meine hier nicht Kokos.
Aber wohin am Wochenende? Auf der Nordseite der Alpen liegt nicht viel Schnee. Der Süden hat deutlich mehr, was eigentlich eher ungewöhnlich ist. Doch Schnee ist Schnee. Egal ob Süd oder Nord. Noch am Freitag bin ich am werweissen wo es hingehen soll. Eine Kaltfront überzieht die Schweiz an diesem Freitag, es gibt Schnee auf Nord und Südseite, teils bis runter. Ich verfolge den Wetterbericht genau, auch die Straßenlage. Am Vormittag wird die Gotthardautobahn auf der nördlichen Seite gesperrt wegen querstehender LKW. Hm…ein gutes Zeichen für ordentlich Schnee.
Jetzt doch im Norden bleiben…? Das Regen/Schneeradar zeigt aber auch heftige Niederschläge im Süden an. Oh man, schwierig!
Am Freitagnachmittag fälle ich dann eine endgültige Entscheidung: ich fahre ins Tessin, also durch den Gotthard Tunnel und dann gleich in westlicher Richtung gen Nufenenpass. Der ist im Winter
natürlich gesperrt, aber an der Sperrung gibt es einen überschaubaren Parkplatz. Der ist das Ziel. Ob wir es hin schaffen, ist allerdings eine andere Frage...
Um 17 Uhr verlasse ich das Büro. Jage nach Hause. Lade Zottl zu Ende. Trage das Team in den Van, schleppe 4 Gießkannen Wasser und fahre ab. Bei uns liegt ein wenig Pappschnee rum, nix signifikantes.
Friedrich hat noch eine Aufgabe bekommen. Ein Brief muss noch eingeworfen werden. Er hält ihn in den Pfoten und soll mich erinnern, ihn einzuwerfen.
Doch es passiert, was passieren muss…vor lauter Aufregung vergisst er, mit dem Brief in Pfoten, mich zu erinnern. Wir jagen an allen Briefkästen vorbei. Verdammt, Friedrich!!
Am Vierwaldstättersee entlang geht es nach Flüelen und auf die Autobahn. Von Schnee nix zu sehen, deutliche Plusgrade, windig. Erst als wir auf Höhe Wassen ankommen, beginnt die Landschaft weißer zu werden. Es schneit sogar leicht. Die ersten Vorboten des Winters?
Die Autobahn ist aber komplett schneefrei. So jagen wir rein in den Gotthardtunnel. Im Tunnel lasse ich den Blick durchs Cockpit wandern, sehe meine Schneeketten auf dem Boden vor dem Co-Piloten liegen und frage mich: brauchen wir die heute? Wie frei sind die Nebenstraßen im Süden? Auf jeden Fall hab ich sie schon mal aus dem Keller geholt um sie schnell greifbar zu haben. Nix nervigeres, als auf der Straße zu stehen und erst noch die Ketten suchen zu müssen.
Nach 17 km Tunnel, spuckt er uns im Süden wieder aus. Alles weiss, kaum Schneefall, Straßen frei. Hm….hatte es mir schlimmer vorgestellt. Ein wenig enttäuscht bin ich ja jetzt schon. Wir fahren sogleich in Airolo von der Autobahn und halten uns in Richtung Nufenen. Auch die Straße welche von der Autobahn weg führt, ist sauber geräumt. Hm, gibt es jetzt ne leichte Anfahrt?
Zwei Minuten später hab ich die Antwort vor mir! Nein!!! Denn als ich der Beschilderung weiter gen Nufenen folge, eine Kreuzung überquere, ist Schluss mit Schwarzräumung. Urplötzlich weisser Untergrund. Geräumt, aber nicht gestreut. Alles weiss. Und auch neben der Straße liegt sicher n halber Meter Schnee, wenn nicht mehr.
Schlagartig geht bei mir der Puls hoch. Die Straße steigt deutlich an, steiler als es meine Erinnerung mir sagt. Immerhin keine starken Kurven, die Strecke geht in seichten Kurven den Berg hoch und das Tal nach hinten. Wir können also hoffentlich unseren Schwung halten und müssen nicht aus engen Kurven am Berg rausbeschleunigen.
Den Nufenenpass kenne ich gut vom Motorradfahren, daher habe ich die Hoffnung, gut an der Wintersperre in All’Acqua anzukommen. Doch die Straßenverhältnisse sind Tricky. Es ist erstens steiler als ich es in Erinnerung hatte und ich muss meinen Speed halten. Ohne jedoch in den Kurven ins Rutschen zu kommen. Ein schmaler Grad, der ein gutes Gefühl in Fuss und Hand benötigt. Im dritten Gang, mit 40-50 km/h jage ich Zottl den Berg hoch und durch die Kurven. Links und rechts liegt der Schnee hoch, die Bäume sind tief verschneit. Es sieht fantastisch aus. Doch leider hab ich nicht die Zeit es zu genießen. Ich bin aufs äußerste konzentriert. Schaffe es aber, in die Kamera zu labern und diese zu bedienen.
Den ersten Anstieg schaffen wir, werder kommen wir ins Rutschen, noch verlieren wir an Schwung oder Geschwindigkeit. Die Winterreifen (Semperit) machen hier auf Schnee einen top Job. Ist ihr zweiter Winter, sie haben vielleicht 15.000 km runter.
Die Strecke wird nun etwas flacher, unser Team kann etwas durchatmen. Vor uns erscheint das kleine Dorf Fontana. Mit einem wunderschön beleuchteten und verschneiten Weihnachtsbaum am Ortseingang. Im Nachhinein bereue ich, keinen Fotostopp gemacht zu haben. Aber ich war so im Flow und konzentriert, dass ich nicht dran gedacht habe. Aber ein Wunderschöner Anblick, ich deute es als gutes Omen.
Ich fahre durch die einspurige Dorfdurchfahrt und werde im Anschluss wieder in die Dunkelheit entlassen. Alles schwarz um uns. Nur die ausgeleuchtet Fahrbahn zeigt uns den weissen Weg. Ich beschleunige wieder. Da es geradeaus geht, ohne wesentliche Steigung, konzentriere ich mich kurz auf ein paar Filmaufnahmen. Der Schneefall nimmt etwas zu und ich hoffe, das was brauchbares bei rauskommt.
Die Straße schlängelt sich nach dem flachen Stück weiter nach Ossaco, kurz wieder Licht, anschließend wieder Dunkelheit. Die Schneewände werden immer Höher. Wahnsinn was hier rumliegt. Sicher 1,5 m Schnee. Doch nach kurzer Freude über viel Schnee, kommt die nächste Steigung die ich so nicht im Kopf hatte. Es geht sicher mit 7-8% bergauf, die Straße nicht mehr perfekt geräumt, aber noch gut. Leicht geschwungene Kurven spielen auch noch mit und dann seh ich Licht von oben.
Oh verdammt! Gegenverkehr! Hier!? Die Straße ist durch den vielen Schnee an den Seiten recht eng, ich kann aber nicht groß vom Gas gehen oder sogar anhalten. Hab die Befürchtung, dann nicht mehr loszukommen. Wir brauchen unseren Schwung. Doch unser Leben ist uns natürlich auch lieb. Daher werde ich etwas langsamer als die Scheinwerfer näher auf mich zu kommen. Ich dränge Zottl etwas weiter an den Fahrbahnrand. Spüre, dass der rechte Vorderreifen mit mehr Schnee zu kämpfen hat, tieferer Schnee.
Oh man…rechts neben mir wird die Luft angehalten, für eine Sekunde meine ich im Augenwinkel zu sehen, wie Co-Pilot und Friedrich ihre Äugli weit aufreissen vor Schreck. Der PKW kommt immer näher, wir pflügen durch den Schnee und zack…. Ist der PKW vorbei. Mit einer sanften Lenkbewegung führe ich Zottl wieder weg von Straßenrand, Schnee und Felswand. Die Traktion wird gleich wieder besser und wir beschleunigen, weiter im dritten Gang, mit guter Traktion. Kurz durchatmen. Auch meine Beisitzer entspannen sich etwas, ich bin mir aber sicher, ich werde nachher Tatzenabdrücke in der Armlehne des Co-Piloten finden. Und in seinem Fell wohl jene von Friedrich. Mei o mei…das ist ne abenteuerliche Anfahrt. Und wir sind noch nicht oben!
Es geht weiter, nochmal kommt uns Licht entgegen, wieder an der blödesten Stelle, wieder bergauf in einer leichten Linkskurve und auf gefühlt noch engerer Strecke. Wir machen uns dünn, werden wieder langsamer, kommen der Schneewand näher….doch auch diesmal geht es gut. Wir halten unseren Schwung. Hier braucht man gute Nerven und ein gutes Gespür für Auto und Traktion.
So jagen wir auch diesen Berg hoch und es wird kurz wieder flacher. Ich sehe einen geräumten Parkplatz, da steht sogar ein Camper. Kurz überlege ich: hier bleiben?! Klare Antwort: NEIN! Wir wollen bis hoch, bis es nicht mehr weiter geht. Kurz darauf bereue ich die Entscheidung schon ein wenig. Es geht wieder steiler bergauf, mehr und tieferer Schnee auf der Fahrbahn, dazu mieser Fahrbahn Untergrund. Das sind Betonplatten die mies verlegt sind…wir hoppeln von einer zur anderen. Mit 50 km/h jagen wir den Berg hoch, eigentlich würde ich gerne langsamer werden aufgrund der Hoppelei. Doch ich wag es nicht. Wir brauchen den Schwung. Die Traktion ist zwar weiter gut, doch ich will kein Risiko eingehen, Google sagt, wird sind in ein paar hundert Metern oben. Ich will nicht kurz vom Loch noch Ketten anlegen müssen. Also, weiter!
Immerhin kein Gegenverkehr, die Straße macht noch einen leichten Linksknick, wir schneiden den Knick leicht und meistern ihn so ohne rutschen oder Traktionsabriss. Sehr gut! Und dann, nachdem ich mich schon Frage, wann es endlich soweit ist….sind wir oben. Ein Parkplatz, ein Restaurant…wir jagen dran vorbei… Bis, ja bis wir stehen. Abgebremst durch Zottl. Hier geht’s nicht weiter.
Wintersperre! Keine Schranke oder sowas. Nein, einfach 1,5 m Schnee auf der Straße. Da traut sich keiner weiter. Wir stellen uns ins Parkverbot, ganz an den Rand um niemanden zu störe auf dieser Wendeplatte. Wir sind völlig alleine. Keiner hier außer uns. Sehr geil. Leichter Schneefall und ich sau erleichtert, dass wir es geschafft haben. Und auch ein wenig stolz auf Zottl und seine Semperit Winterreifen. Beide haben tolle Arbeit geleistet. Danke dafür!
Um die Anspannung loszuwerden, hilft etwas Bewegung. Warm anziehen und raus. Co-Pilot und Friedrich sehen das anders. Sie bleiben lieber im warmen und versuchen, die Anspannung aus dem Pelz zu sitzen. Mich hält nix drinnen.
Zack, steh ich vor der Tür. Wow! Winter! Das Geräusch von knirschendem Schnee. Kennt ihr das? Was für ein wahnsinns Geräusch. Ich glaub, eins meiner Lieblings-Geräusche. Ich erkunde ein wenig die Umgebung, locker 1,5 m Schnee liegen rum, grob freigeräumt, viele Bereiche zeigen aber auch 30 cm Neuschnee. Wow! Und es schneit noch immer leicht. Toppen könnten dies nun nur noch weitere 30 cm Neuschnee über Nacht. Doch leider sieht es danach nicht aus, der Mond drückt schon durch die Wolken, auch das Schneeradar zeigt keinen signifikanten Niederschlag in den nächsten 24 h. Schade! Aber hey, jammern auf hohem Niveau….ist das geil hier Leute. Selbst als ich das jetzt hier, zwei Tage später, schreibe, ist es ein wahnsinns Gefühl. Als Schnee Liebhaber bin ich hier genau richtig. Hammer!!!
Nach dem Rundgang begebe ich mich zurück in Zottl. Abendessen! Mit Schrecken sehe ich, dass es gleich 22 Uhr ist. Also, schnell meine selbstgemachte Suppe mit Kartoffeln, Karotten, Zucchini, Lauch, Fenchel und Würstli auf den Herd. Reisnudeln dazu und erhitzen. 10 Minuten später esse ich. Suppe, genau das richtige für einen Winterabend mit Kälte und Schnee!
Nach dem Essen machen viele ja den Abwasch, ich nicht. Der noch warme Topf mit Suppe wird vor die Tür in den Schnee gestellt, der Rest zusammengeräumt in meiner Spülbox gelagert. Läuft!
Den restlichen Abend bis 1 Uhr verbringe ich damit, ein Elsass Video zu schneiden und ein Marzipanbrot zu vernichten.
Alleine sind wir übrigens hier oben nicht heute Nacht. Ein älteres Modell eines Ford Nugget hat sich hinter uns gestellt. Ein Schneetourengänger aus dem Raum Freiburg. Wir treffen uns draußen kurz als ich ein paar Filmaufnahmen machen. Wir halten einen kurzen Schnack, doch dann geht jeder seiner Weg.
Mal schauen was der morgige Tag so bereithält. Wir sind gespannt!
Viele Grüsse und gute Nacht.
Kai
GPS Koordinaten:
Val Bedretto, Passsperre Nufenen: 46.485785, 8.473891
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