Samstag, 26. November 2022 - von 2.600 m auf 550 m und zurück
Moin Leute,
es geschehen noch Zeichen und Wunder. Heute im TCL Team. Nach wochenlangen und zähen Verhandlungen mit vielen Vertragsentwürfen, Änderungen, Streichungen und nervenaufreibenden Diskussionen, ist es endlich soweit. Ich freue mich, verkünden zu dürfen, dass es nun einen Flauschy Samstag gibt! Sonntags ist sie ja ohnehin immer am Start. Nun aber auch am Samstag. Co-Pilot und Friedrich sind ausgelaugt und erschöpft von den 6 Tage Wochen. Zudem ist jetzt eigentlich Winterschlafzeit, was das wach bleiben noch mehr anstrengt. Somit also nun nur noch eine 5 Tage Woche für die beiden und Flauschy übernimmt Samstag und Sonntag. Natürlich bekommen Friedrich und Co-Pilot deswegen nicht weniger Geld, Flauschy natürlich mehr. Die Mehrkosten werden mir vom Taschengeld abgezogen. Warum? Weil Friedrich als CBO (Chief Bear Officer) das so entschieden hat. Tja...einer ist halt immer der Depp!
Aber ich will hier nicht jammern, ich wache auf in einer sonnenbeschienenen Gegend auf knapp 2.600 m oder so. Niemand da außer uns. Kein Esel, kein Hirte, kein Sonstwas.
Da Samstag ist, lasse ich es ruhig angehen. Arbeiten, Frühstücken, 3 Spiegeleier und ne Dose Fisch in Tomate. Tortilla sind alle. Milch keine da. Wir laufen gerade in eine Lebensmittelkrise rein. Viele Dinge bekommt man hier auf dem Land einfach nicht. Ist nicht so, dass wir hungern oder das stört, aber wenn manche Dinge fehlen, fehlen sie einfach. Ist halt so! Ich kanns nicht ändern.
Erst gegen 13 Uhr kommen wir los. Das Internet so schwach hier, dass ich kaum irgendwas machen kann. Immerhin Blog schreiben funktioniert online. Video hochladen...no Way. Blockiert alles.
Motor an, zurück auf die Straße. Funktioniert problemlos. Kamera einsammeln und ab den Berg runter. Was folgt ist eine Berg und Talfahrt die es in sich hat. Wieder mal tolle Landschaften, Asphalt, Lehm, Schotter, neue Straße. Es ist alles dabei was man sich an Fahrbahnbelag so vorstellen kann. Die Strecke ein Traum. Und ich hab keine Ahnung wo es hingeht. Flauschy hat heute die Routenplanung erstellt. Und sie hat mir verboten zu schauen, was oder wo das Ziel ist. Na wenn das mal gut geht!
Ich weiss nicht wieviele Höhenmeter wir machen, und wieviele hunderte Kurven wir fahren. Zigmal sehen wir Frauen an Quellen oder Flüssen die Wäsche waschen. Ziegen und Schafherden kreuzen unseren Weg. Wir durchqueren kleine Dörfer, sehen Waren und Menschen an den Straßen stehen die auf Sammeltaxis warten. Bauern und Bäuerinnen kommen auf Eseln oder Pferden sitzend entgegen. Neue Stromleitungen zieren die Landschaft. Handy Funkmasten stehen rum. Dazu immer wieder arm wirkende Dörfer entlang der Route. Was für ein Kontrast. Und jeder der irgendwie unterwegs ist, hat ein Handy in der Hand.
Nach gefühlt hunderten Kilometern, das Ziel ist allerdings nur 80 km entfernt, erreichen wir Tagelft. Die erste Stadt seit viiiilen Kilometern. Und hier ist der Teufel los. Jugendliche ohne Ende! Wo kommen die alle her. Haben die samstags Schule? Es ist Mittag, haben die jetzt Wochenende? Die Straßen sind voll. Es sieht aus wie eine Völkerwanderung. Alle latschen in die gleiche Richtung.
Wenig später, am Kreisel, das gleiche Bild, aber die Jugendlichen sind nun Kinder. Auch alle unterwegs. Alter Schwede...was'n Volk. Ich war versucht hier zu stoppen. Aber bei dem Volksauflauf....nee...ich düse weiter. Nachdem wir bisher auf unbenannter NebenNebenNebenstraße unterwegs waren, heisst unser neuer Untergrund R 306. Was nicht bedeutet, das die Strecke wesentlich besser ist. Aber egal, ich fahre ohnehin noch mit 3 Bar durch die Gegend, Schlaglöcher, Unebenheiten, alles deutlich gedämpft. Alles richtig gemacht bisher!
Nochmal geht es hoch in die Berge für uns, eine Kurve jagt die nächste, etwas mehr Verkehr nun, also so alle 5-10 Minuten ein Auto von vorne. Von hinten kommt gar nix.
Nach dem Berg, wieder runter ins Tal nur um kurz darauf wieder hoch zu fahren. Alter...was ne Mörder Gurkerei und noch immer geile Blicke und Landschaften. Unfassbar wie vielfältig und abwechslungsreich Marokko ist. Krass...
Irgendwann sind wir oben auf dem letzten Pass. Von hier scheint es nun nur noch bergab zu gehen. 1.700 m hoch. Mit uns hier oben ne Herde Ziegen, 2 Frauen und ein paar Hirten. Ich stoppe, mache ein Bilder und Videoaufnahmen. Von hier blicke ich bis runter in die Ebene, flaches Land liegt in der Ferne vor uns und eine Großstadt. Hm...ich bin versucht zu schauen welche es ist, aber ich will es mir nicht mit Flauschy verscherzen. Einsteigen. Weiter.
Es geht...nur noch bergab. In viiiiielen Kurven. Junge, junge, heute ist echt was geboten. Immer wieder tolle Blicke in die Ebene und die näher rückende Metropole. Wo fahren wir nur hin? Flauschy??!!!! Was hast du vor? Keine Antwort.
10 km vor unserem Ziel kommt ein Aussichtsparkplatz. Ich stoppe und schaue mir die Stadt, die scheinbar wohl unser Ziel ist an. Beni-Mellal heisst sie. Ziemlich große von hier oben gesehen. Müssen wir da jetzt gleich rein? Was sollen wir da? Ich und Großstadt? Muss das jetzt echt sein Flauschy!?
Sie reagiert nicht, also gibt es nix zu diskutieren. Ich filme noch ein wenig, schiebe noch einen Videoupload bei YouTube an, super 4G Netz hier, und fahre weiter. Tatsächlich führt uns Google Maps mitten rein in die Stadt. An einem Mülleimer stoppe ich noch. Endlich werden wir unser Zeug los!! Das wird Zeit. Ich laufe zweimal bis alles weg ist. Ein Mann sieht was ich mache und fragt per Zeichensprache ob ich da was essbares wegschmeisse. Ich schüttle den Kopf! Nein, nix essbares. Oder hat er mich nach essbarem gefragt? Keine Ahnung...aber ich hab auch nichts schnell essbares mehr an Bord. Nicht mal mehr Wasser. Dann mal weiter.
7 Minuten später biege ich ein letztes mal rechts ab und....Alter! Flauschy! Ich fass es nicht! Woher wusstest du das? Oh je...ich hab ja gleich Watte in den Augen. Oh wie geil ist das denn! Danke Flauschy! Ich lenke Zottl gerade auf den Parkplatz eines Carrefour Supermarktes. Ich darf einkaufen gehen! So richtig mal wieder! In einen echten Supermarkt. Geil!
Versteht mich hier bitte nicht falsch, ich kann sehr gut ohne Supermarkt überleben und hab auch oftmals in den vielen kleinen Läden unterwegs eingekauft. Aber irgendwann kommt bei mir der Moment wo ich einfach mal wieder einen Vollsortiment Shop brauche. Weil man auf dem Land einfach nicht alles bekommt. Und jetzt...ab ins Schlaraffenland.
Kaum stehe ich vor der Tür...Kind das Geld will labert mich an. Dann kommt ein Mützenverkäufer auf seinem Fahrrad und will mir ne Tasche oder Mütze verkaufen. Danke...nein! Schön, aber kein Interesse. Ich laufe schnurstracks zum Eigang des Carrefours und tauche ein in eine europäische Welt ein. Direkt hinter dem Eingang: Lindt Weihnachtsmann und Lindt Weihnachtsbär. Über 6 Euro das Stück. Ich verkneif es mir. Weiter...Gemüse, Milch, Karamell Pudding, Tortillas, Toast, Milch, Streukäse, Schoggi, Kekse, Bonbons für Flauschy, Kaubonbons falls mal wieder ein Kind was will, Essig, Wasser in groß und klein zum Verschenken. 0,5er Cola zum verschenken und selber mal trinken, einiges an Gemüse, Orangen, Bananen, Chips., Lindor Kuglen... Der Wagen füllt sich. Gut arbeitet Friedrich heute nicht, der würde durchdrehen.
Am Ende, an der Kasse, 87 Euro. Hm...geht noch, hatte mit mehr gerechnet. Dennoch: ein Haufen Geld. Und tanken muss ich nachher auch noch dringend.
Zahlen kann ich zum Glück mit Kreditkarte, sonst hätte ich den Wagen stehen lassen müssen. Cash hab ich nicht mehr sooo viel dabei.
Als ich den vollen Einkaufswagen zu Zottl schiebe...Kind das irgendwas will...bei Zottl angekommen macht es sich vom Acker. Ich lade schnell alles in Zottl, doch schon kommt ein Typ und hilft mir. Reicht mir die Sachen, die im Wagen sind an. Völlig unnötig aber erklär ihm das mal. Er macht es einfach. Ich danke ihm, er meint ob er den Wagen für mich wegbringen soll...okay...gerne! Dann muss ich nicht wieder über den kompletten Parkplatz latschen. Ich drück ihm ein paar Dirham in die Hand und er trollt sich mit dem Einkaufswagen. Nix wie rein in Zottl. Tür zu. Vorhang zu. Keiner da.
Jetzt die nächster Herausforderung: all die Sachen verräumen. Der Kühlschrank platz fast aus allen Nähten als alles verstaut ist. Als nächstes Laptop auf den Tisch, zwei Video Uploads anstoßen. Gutes Netz muss man ausnutzen. Wer weiss, wie es die nächsten Tage in den Bergen sein wird.
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Die Sonne steht schon tief als wir den Parkplatz des Carrefour verlassen. Wir stürzen uns in die Rush Hour. Überall Taxis die fahren wie sie wollen, Menschen sind auch einige unterwegs. Ich folge Google Maps und...scheisse: wir müssen hier rechts. Aber die Straße ist gesperrt! Publik Viewing. Fussball! Oh f***.
Dann halt links und zack...zurück wo ich abgefahren war. Ich fahre irgendwie weiter und zwinge Google so, eine neue Route zu berechnen. Plan geht auf, Google führt uns auf die Hauptstraße und wir düsen gen Westen der tief stehenden Sonne entgegen. Die steht so tief, dass ich fast erblinde und teils kaum was sehe.
Nächster Stopp: Tankstelle! Kartenzahlung zum Glück möglich, also bitte vollmachen. Parallel wird noch die Scheibe geputzt. Nicht perfekt aber besser als vorher. Ich zahle, gebe 15 DH Trinkgeld und begebe mich wieder in den Verkehr. Nochmal Kurzstopp am Mülleimer und weiter. Immer der Sonne entgegen.
Kurz bevor ich vollständig erblinde, links von der N8 runter und durch einen Vorort wieder raus aus der Stadt. Alles super wuselig, es ist überall der Teufel los. Ich bin froh, als wir endlich Beni-Mellal hinter uns lassen, fahren auf der P3111 einer Felswand entgegen. Geht da echt noch ne Straße irgendwie hoch?
Es geht auf 18 Uhr, zu die Sonne geht bald unter, wir tauchen hier sogar schon in den Bergschatten des Hohen Atlas ein. Finden die Straße das Massiv hoch und legen einiges an Höhenmetern zu. Die Strecke windet sich entlang des Berges, immer höher, kaum noch Verkehr. Hier irgendwo ein Parkplatz und ich würde bleiben. Aber nix. Es geht immer weiter hoch und als wir oben sind, geht es wieder runter. Von Tunneln haben die in Marokko echt noch nix gehört. Die fahren hier immer noch lustig munter über jeden Berg drüber. Aber ist ja auch cool. Doch heute auch ein Wettlauf gegen das schwindende Tageslicht. Die Sonne ist weg. Wir fahren bergab und erreichen irgendwann Ista Quaouizeght, ein größeres Dorf an der R302. Auch hier gut was los auf den Straßen.
Mittlerweile die Dämmerung schon sehr weit fortgeschritten. Man könnte auch sagen: Fast dunkel. Bei letztem Tageslicht erreiche ist den Stausee Bin El Ouidane. Doch
von See ist nicht viel zu sehen hier am Ende. Ziemlich leer! Und dunkel. Am Horizont glimmt es noch orange, dann....wird es Nacht. Und wir haben keine Ahnung wo pennen. Das Internet lahm.
Park4Night App läuft nicht richtig. Vermute, sie braucht ein Update, das ich bisher nicht gemacht habe. Mir bleibt nix anderes übrig als weiter zu fahren und zu hoffen, dass es irgendwann an
der Straße was gibt, wo ich stoppen und pennen kann.
Wir folgen nun der R302 in Richtung Berge. Schlechter Straßenzustand, grabbenacht, hier und da Gegenverkehr, die ORC Lampe im Dauereinsatz. Die Osram kann ich nicht einschalten, ich hab die
Fernbedienung irgendwie in Zottl verloren. Echt doof. Heute könnte ich die Lightbar gut brauchen. Wir schrauben uns immer höher, es kommt keinerlei gescheiter Platz zum Pennen. Hier und da ein
Ausstellplatz, aber das will ich nicht. Flauschy wird immer ruhiger...sie hatte voll vergessen, nach dem Carrefour Besuch die Tour weiter zu planen. Unsere überregionales Ziel ist die
Cathedral Imsfrane. Da fahren wir sein nun drei Tagen drauf zu. Sie liegt tief in den Bergen und ist nur über eine Straße zu erreichen. Doch soweit will ich heute nicht mehr.
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Kilometer für Kilometer schrauben wir uns höher ohne was zu finden. Fahren sogar mal noch rechts eine Straße 2 km weiter, drehen dann aber, weil nicht unsere Richtung und auch kein Schlafplatz komme. Mittlerweile 19:30 Uhr. Kein Schlafplatz in Sicht. Auch schwer was zu sehen links und rechts, so dunkel ist es.
Als wir auf bald 1.800 m die Passhöhe erreichen, ist der einzige mögliche Spot schon belegt von zwei Fahrzeugen. Lagerfeuer brennt, ich meine Tisch und Stuhl zu sehen. Erkenne aber nicht ob es Bauarbeiter sind die hier nächtigen oder Camper von irgendwo. Ich fahre weiter, und es geht wieder bergab.
Gegen 20 Uhr dann endlich ein Weg, der rechts ab geht. Schotter-Erde Mischung. Versuchen wir. Er startet sehr breit, sieht aus wie Überreste einer Baustelle. Wird dann schmaler und bevor er einspurig wird, stoppe ich, drehe und stelle mich an den Rand. Vielleicht 150 m weg von der Straße. Nicht sexy aber okay für ne Nacht. Ich habe jetzt auch keinen Bock mehr weiterzufahren. Motor aus. Feierabend.
Sofort die Induktion auf die Küchenzeile und Suppe von gestern erwärmen. Essen...das tut gut! Internet ganz ordentlich, so arbeite ich den Rest des Tages noch bis mir um Mitternacht die Augen zufallen. Flauschy geht es ähnlich. Arbeiten am Samstag ist neu für sie. Wir sind also beide ziemlich durch für heute. Aber immerhin haben wir doch noch einen Schlafplatz gefunden. Hoffen wir auf eine ruhige Nacht
Wir wünschen ne gute Nacht und bis morgen.
Kai und die Samstags-Flauschy
GPS Koordinaten:
morgens: 32.168067, -5.938320
Carrefour Beni-Mellal: 32.331571, -6.353777
abends: 32.065642, -6.259972
Unsere heutige Route: 160 km
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