#561 Marokko, Süden - Erfoud Patisserie und Stellplatz chez Bachir

Sonntag 20. November 2022,  

Erfoud nach Fezna, Camping chez Bachir

Moin Leute, 

10 km vor Erfoud hatten wir gestern unser Nachtlager aufgeschlagen. Nicht überraschend also, dass ich dort heute morgen auch erwache. Wie immer, so um halb neun Uhr rum. Im Van ist es verdammt kühl, die Heizung war aber wohl nachts nicht angesprungen. Habe nix gehört. 

Anziehen, vor die Tür, ui…frisch. Die Sonne schon raus, aber noch nicht mit viel Kraft dahinter. Dafür über Erfoud eine schwarze Rauchwolke, verbrennt da einer seinen Müll oder brennt ne Lehmhütte? Es sieht auf jeden Fall nicht gesund aus. 

Silvio ist auch schon wach, bereitet sein Frühstück vor der Tür vor. Moin…was macht die Erkältung? Nase läuft immer noch wie doof, erfahre ich. So ein Mist!

Es ist Sonntag, heute läuft alles gemütlich. Also noch gemütlicher als sonst halt. Stress haben wir morgens ja ohnehin nur selten. Ich leihe mir bei Silvio ein Ei, sein letztes, und baue mir einen Tortilla. Das Frühstück wird immer schwieriger, mir fehlt bald so gut wie alles. Die Tortillas gehen auch zur Neige.

Gegessen wird drin, nebenher bin ich irgendwas am arbeiten, danach…setzte ich mich einfach mal raus in die Sonne. Nur wenig Fliegen, ich sitze in meinem Stuhl, Lehne nach hinten, Augen geschlossen…und überlege. Wie soll es nun weiter gehen ab hier? Wohin? Wir haben ja noch 3 Wochen Zeit in Marokko. 

Ein wenig fühle ich mich erschöpft vom vielen filmen, reisen und schneiden. Die Gesellschaft von Silvio ist toll, ich liebe es mit ihm unterwegs zu sein, doch komme ich so nur sehr beschränkt zum Arbeiten. Was mich etwas stresst. Vor allem was den Videoschnitt angeht.

Ich wärme mich in der Sonne, der kühle Wind hält dagegen und ich überlege. Ohne Ergebnis. 

Silvio und seine laufende Nase kommen irgendwann vorbei, er redet von unteririschem Bewässerungssystem hinter Erfoud. Hm…in die Richtung will ich auch, will mir ja so ne Himmelstreppe, ne Spirale und irgendwas mit dem Orion anschauen. Gebilde eines deutschen Künstlers, die da irgendwo in der Wüste stehen. 

Auf P4N finde ich sogar einen Stellplatz direkt am Eingang dieses 300-800 Jahre alten, unterirdischen Bewässerungssystems. Loggen wir den mal als Ziel ein.

Doch bevor wir los fahren, darf Friedrich endlich mal wieder ne Runde auf seinem fliegenden Teppich drehen. Er ist schon soooo lange nicht mehr geflogen, dass es leichte Starthemmungen beim Teppich gibt. Doch Friedrich schafft es und bring sich, den Teppich und die Kamera in die Luft. Guten Flug mein Kleiner!

Silvio ist in der Zwischenzeit aufgebrochen und läuft ne Runde. Er ist etwas im Fossilien Fieber. Mich reizt das Thema null. Einem fliegenden Händler, der hier heute morgen zufällig vorbeikam auf seinem Weg nach irgendwo, hab ich dankend erklärt, dass ich für Steine keinen Platz in meinem kleinen Van habe. Hab ihn dann zu Silvio geschickt.....

Nach Friedrich's Landung, fahren wir ab. Gen Erfoud, waren wir im Oktober schon mal. Heute gibts aber einen Stopp dort. Ich hab da was gesehen…eine Patisserie. Als zurück zur Straße, 10 km fahren...zack...Downtown. Und gut was los. Ne Menge Volk unterwegs auf den Straßen. 

Ich navigiere uns in die Straße der Patisserie, finde sie jedoch nicht. Doch ist diese auf Google Maps falsch eingezeichnet. Das finde ich heraus, als ich in einer Bar nachfrage. Sie ist auf der anderen Straßenseite!

So latsche ich über die Straße, stehe davor, will gerade reingehen, als mich jemand anspricht und mir sogleich einen Platz an seinem Tisch anbietet.

Er lade mich auf Getränk und ein süsses Stück ein. Äh…okay…stellt sich heraus, sind zwei nette Türken um die 50, aus Holland, die hier gerade einen Marokko Roadtrip mit dem Mietwagen machen. Wir unterhalten uns auf Deutsch, das sprechen sie ziemlich gut.

Über was für Menschen man immer so stolpert wenn man unterwegs ist. Echt lustig. So sitzen wir 30 Minuten zusammen, ich genieße einen O-Saft sowie ein übergroßes Vanillgipferl auf Kosten eines anderen. Gar nicht so dumm würde Friedrich jetzt sagen. Vielen Dank für die Einladung!

Im Anschluss kauf ich noch 6 süsse Stückle in der Patisserie für 4 Euro. Ziemlich günstig!

Danach zurück zu Zottl, dort gebe ich gerade die Koordinaten in Google Maps ein, als es an der Scheibe klopft. Ein Bettler, danke nein, ich brauche nix!

Jetzt mal schauen, dass wir hier aus der Stadt raus kommen und zu den unterirdischen Kanälen. 40 km folgen wir der R702 bis ein blaues Kamel auftaucht. Ich glaub, das ist der Stell/Campingplatz. Blinker rechts und parken. 

Kurz darauf taucht ein Turban an meinem Fenster auf. Der Inhaber Bachir begrüsst mich. Ich teile ihm mit, dass ich noch auf jemanden warte und wegen der Kanäle und einer Besichtigung auf ihn zurück komme. Das ist okay für ihn und er geht wieder. 

Ich arbeite ein weni, mache im Anschluss eine Runde über den Platz. Alles noch im Aufbau befindlich. Ein WC gibt es, sonst aber nix was ein Camping so bieten könnte. Man sollte autark sein, wenn man hier her kommt. 

Im Anschluss an meine Runde komme ich mit Bachir ins Gespräch, er zeigt mir noch ein Gästezimmer, seinen kleinen Laden mit Souvenirs, die Tee Ecke und Sitzgelegenheiten, Dromedare, Hund, Katze, Hühner sowie einen Schacht der 25 m tief zu den unterirdischen Kanälen geht. Auch ein Zugang nach unten wurde gegraben um bequem zu Fuss in 25 Meter Tiefe zu kommen. 

Die Kanäle verlaufen hier von den Bergen über ca. 40 km bis nach Erfoud. Haben bis vor 40 Jahren so das Wasser aus den Bergen in die Stadt und die Palmenhaine gebracht. Die Technologie stammt eigentlich aus dem Iran, dort bereits vor 2.500 Jahren so entwickelt. Über Seidenstraße und Karawanen wurde das Wissen darüber bis Marokko transportiert. Hier stehen die besterhaltenen Kanäle. Viele andere sind, weil älter, verfallen und nicht mehr begehbar. 

Diese Kanäle wurde von Sklaven gebaut, 4 m Vorschub schaffe ein zweier Sklaventeam pro Tag. Erst wurde von oben ein Schacht gegraben, dann der Verbindungstunnel von Schacht zu Schacht. Daher die vielen überdimensionalen Maulwurfshügel hier in der Wüste. Und es wurde nicht nur ein Kanal gebaut, nein, mehrere laufen hier parallel. Natürlich musste der Kanal ein gewisses Gefälle aufweisen, dies durfte aber auch nicht zu stark sein, Erosion im Kanal musste vermieden werden. 

Vor 40 Jahren, mit sinkendem Wasserspiegel, trocknete hier dann alles aus. Mittlerweile holen moderne Pumpen das Grundwasser aus der Erde. Es hat so lang es hat….

Spannendes Thema, hatte ich noch nie von gehört. Nach all den Infos gibts erstmal einen Tee und Bachir freut sich, dass ich hier mit der Kamera unterwegs bin und sein Reich etwas filme. Werden wir YouTuber in Europa oft als nerviges Etwas angeschaut, sind die Leute hier super happy wenn man ihren Laden oder ihren Camping vorstellt. Sie verstehen, dass das Marketing und gute Werbung ist für sie. Ich verlange dafür nichts. Wenn die Inhaber anbieten, uns dafür etwas günstiger nächtigen zu lassen, dann ist das ihre Entscheidung.

Irgendwann nach Sonnenuntergang rollt auch Silvio auf den Hof. Wir parken uns hinten auf den noch nicht angelegten Campingplatz, weiter weg von der Straße. 

Im Anschluss, es wird schon dunkel, noch ein Tee bei Bachir, danach geben wir noch Ausleuchtungsratschläge wo er seine neuen Solar LED Lampen hinstellen könnte und bekommen noch das beste Spiegelei mit leckerem Brot seit langem. Super frische Eier! Lecker. 

Silvio findet noch ein paar interessante Fossilien in der Ausstellung für seinen Bruder, ansonsten wird es langsam frisch und gegen 21 Uhr verabschieden wir uns, ab zurück zu den Vans. Abendessen. 

Ich erhitze mein Couscous von gestern, das reicht nochmal gut für uns beide. Silvio ist happy, dass er mitessen kann. Allerdings isst jeder in seinem Van. Draußen zu kalt und windig, und mit seinem riesen Schnupfen möchte ich lieber nicht zusammen mit Silvio in einem Van sein. Ich will mir die Pest nicht auch noch einfangen. 

So fülle ich also Silvios Futternapf auf und gebe ihm auch noch Nachtisch in Form von Patisserie Kuchen mit. Mit sowas kann man ihm auch immer eine Freude machen. 

So sitze ich wenig später am Rechner und futtere. Nachtisch Kuchen und n Karamell Pudding. Lecker! Im Van mittlerweile unter 20 Grad. Verdammt frisch. Ich ringe mit mir, die Heizung anzustellen. Verkneife es mir aber noch. 

Als die Temperatur um Mitternacht nur noch 17 Grad anzeigt, wird es Zeit fürs Bett. Ab unters Federbett. Da wird mir hoffentlich schnell wieder warm!

Co-Pi und Friedrich, beide mit kaltem Pelz, freuen sich auch auf ihre Decke und so liegen wir schon bald in Zottl’s Heck und freuen uns über die Wärme unserer Zudecken. 

Gute Nacht und bis morgen…dann gehts in den Untergrund.

Viele Grüsse

Kai und Team. 

GPS Koordinaten:
morgens: 31.387713, -4.171800

abends: 31.530995, -4.492434

Stellplatz chez Bachir

Unsere heutige Route: ca. 40 km