#55 Italien - Nach der Bootsfahrt ist vor dem "Leck, was für ein Ausblick"!

Guten Morgen,

um 08:30 Uhr ist für mich die Nacht zu Ende. Mein Mitschläfer pennen noch und ich lass ihnen ihren Schönheitsschlaf, sonst maulen sie wieder, dass ihr Fell darunter leidet wenn sie zu wenig Schlaf bekommen.

Der Blick nach draußen lässt mich schnell aufstehen. Erstens noch immer nix los, zweitens scheint die Sonne von einem blauen Himmel. Raus aus den Federn. Wie sieht es nach vorne aus…Vorhang auf und WOW! Hammer! Es ist gewaltig. Noch besser als bei Nacht. Denn man sieht was!!!

Den See, Berge an denen noch ein paar Wolken hängen, im Hintergrund die Alpen. Was für ein Panorama. Als hätten wir uns auf eine Postkarte gebeamt. Selten sowas gesehen! Anziehen! Raus!

Von Markus nix zu hören, so schnappe ich mir meine Kamera und laufe gen Aussichtsplattform den Berg hoch. Da verschlägt es mir dann richtig die Sprache. Ich stehe ganz alleine vor einem 270° Panorama das sich gewaschen hat. Bei toller Sicht schaue ich auf Hügel, See, Lugano, noch mehr Hügel, Berge und im Hintergrund thronen die Alpen. 15 Minuten später kommen zwei Schweizer Damen angeschlendert, eine davon kennt sich aus. So lerne ich, dass ich soeben auf das Matterhorn schaue! Man sieht von hier aus den letzten Zipfel dieses berühmten Berges. Und auch weiter östlich davon stehen weitere bekannte Bergspitzen in der Gegend rum. Ich komme aus dem Staunen kaum raus.

Ne halbe Stunde später erscheint auch Markus auf der Bildfläche. Mit Kaffeebecher in der Hand kommt er angelatscht. Da frag ich doch gleich mal nach, wo denn mein Kaffee sei….hm…nicht hier auf jeden Fall.

Gemeinsam laufen wir zur Schweizer Fahne, also zur Grenze. Werfen auch von dort noch einen Blick ins Tal und in die Ferne. Hier stehen noch Überbleibsel einer alten Gondelbahn rum die runter in die italienische Enklave Campione d’Italia führte. Dort steht ein riesen Betonklotz, früher ein Casion Municipale. Heute pleite und ungenutzt. Davor ein großer Parkplatz. Kann man wohl auch drauf übernachten (45.971069, 8.970610).

Auf dem Rückweg kommen dann unsere Spielkinder durch, steht doch dort eine robust anmutende Schaukel rum. So betreiben wir etwas Schaukelsport und haben unseren Spaß. Eine Grillstelle sticht uns auch noch ins Auge.

Nach all diesen Anstrengungen heisst es dann aber irgendwann: Frühstück!

Stühle raus, den Tisch lassen wir drin, setzen uns auf das kleine Stück ebener Wiese vor unseren Kästen, machen unser Frühstück parat und essen in Ruhe. Langsam wird es belebter hier oben. Touristen und Einheimische sind hier häufig zu sehen. Stört uns nicht weiter. Wir genießen unser Frühstück mit Sicht in die Ferne.

In mir reift immer mehr der Gedanke, den ganzen Tag hierzubleiben und auch noch die zweite Nacht hier zu stehen. Markus ist davon auch angetan, so entscheiden wir, es uns gut gehen zu lassen, faul zu sein und hier zu bleiben. Wenn es sooo schön ist, kann man nicht einfach weiter ziehen. Und da war ja eine Feuersteller....hm...

Am Nachmittag geben sich die Touris die Klinke in die Hand, über Mittag ist es kurz etwas ruhiger, alle beim Mittagessen. Nachmittags kommt noch eine Gruppe Israelis die auf einer Firmenreise sind. Lustige Truppe, wir kommen ins Gespräch und einer abonniert gleich noch meinen Kanal. Seine Frau sei Deutsche, aus Köln und würde verstehen können, was wir hier treiben.

Am späteren Nachmittag kommt doch noch Bewegung in uns. Ich habe meinen eScooter von IOHawk dabei. Den will ich noch auspacken und eine Probefahrt machen. Mit Markus als Kameramann, machen wir uns ans Werk.

Gut verpackt, würge ich den 20 KG schweren eScooter aus der Verpackung. Montiere die Lichter und fahre eine Platzrunde. Er funktioniert. Doch verliere ich das hintere Licht mit Nummernschild sofort auf den ersten Metern. Ich hätte wohl besser die Schrauben ordentlich anziehen sollen. Mist! Ich Depp!

Die Einzelteile finden sich schnell, doch eine kleine Schraub bleibt für immer verschwunden. Und das obwohl wir ewig suchen. Na egal!

Nach meinen ersten Runden die gut verlaufen, steigt Markus auf und fährt ein paar Meter. Und wie ich ihn so filme sehe ich…da stimmt was nicht. Der Hinterreifen sieht komisch aus. Irgendwie…ja..genau…da fehlt was…nämlich LUFT! Das Ding ist platt. Verdammt! Ich rufe dem nicht ganz leichten Markus (er hat schwere Knochen!) zu, abzusteigen und so kommt er zurück geschoben und wir untersuchen den Reifen. Platt! Wie ne Flunder.

Aber hey, ich hab nen Kompressor! Schnell rausgekramt, anschließen, Luft rein…es baut sich null Druck auf. Man hört, wie die Luft an der Felge ausströmt. Der Reifen liegt auch nicht an der Felge an. Er hält die Luft nicht. Ein Loch? Im Schlauch?

Jetzt holt Markus seinen Kompressor. Ein modernes Ding. Mit zwei Schläuchen. Ein transparenter und ein normale. Hä? Warum sind da zwei Schläuche. Während ich das hier jetzt so schreibe, komme ich mir ziemlich dumm vor…aber in dem Moment vor Ort, verbinde ich ohne zu denken den transparenten Schlauch mit dem Reifenventil und dann, vollgas.

Weisses Zeug strömt durch den transparenten Schlauch gen Ventil…holy shit…was is das denn…beide sind wir kurz völlig perplex, ich finde den STOPP Knopf nicht, so strömt das weisse Zeug weiter in den Reifen und auch gleich wieder seitlich an der Felge raus. Da bahnt sich was Übles an.

Markus findet nach 10 Sekunden den Stopp Knopf….Ruhe herrscht…und das weisse Zeug quillt weiter zwischen Reifen und Felge raus. Scheisse!!! Äh…neee…Reifendichtmittel!!

Wir Idioten, ich korrigiere: ICH IDIOT haben statt Luft aus Dummheit Reifendichtmittel in den Schlauch gepumpt. Oh man…das gibt’s doch nicht. Gut, vielleicht hat der Schlauch ja nur ein kleines Loch…aber so wie die Soße raus strömt, ist entweder kein Schlauch drin oder der hat ein RIESEN Loch/Riss. Wie auch immer…wir stehen vor einem Desaster, riesen Sauerei, das Zeug verteilt sich toll auf den Händen, der Felge, und sonst wo. Eine Lache bildet sich bereits, Markus rennt los und holt Küchenrolle um ein Umweltdesaster zu vermeiden.

Tja, recht ratlos und ziemlich deprimiert steh ich vor meinen IO Hawk Exit-Cross. 1.099 EUR für’n Arsch? Das Ding war sau teuer, hat ne Straßenzulassung. Doch ohne Luft geht nix. Mir graut davor, das Ding zurück schicken zu müssen. Aus der Schweiz! Der Karton wiegt 30 kg. Ich bin ratlos. Völlig!

Gut, heute richten wir hier nix mehr aus. Wir versuchen die Sauerei noch einzudämmen, ich verpacke den eScooter wieder ordentlich im Karton und überlege mir die nächsten Tage wie es weiter gehen soll. Auf jeden Fall bin ich ziemlich enttäuscht vom Exit-Cross und von IOHawk!

Den eScooter hatte ich mir zugelegt, um vor Ort mich auf Reisen schnell von A nach B bewegen zu können. Aktionsradius vergrößern, ohne dauernd das Bike mitschleifen zu müssen. Zumindest für heute war das nix.

Der Rest vom Scooter macht aber einen sehr wertigen Eindruck. Gute Schweissnähte, alles sehr stabil und massiv. 10“ Geländereifen die auch auf Schotter sauber und rund laufen. Steigungen bis 20% sollen fahrbar sein. Und als Fitness Gewicht kann man ihn auch verwenden. 20 KG bei 40  Wiederholungen…das reicht für Bankdrücken!

Für heute verdrücke ich aber nur ein Tränchen…haha…gehe in die Küche, hole mir eine Umarmung vom mittlerweile aufgewachten Co-Piloten ab…der ist null amused, hat Angst, dass Reifendichtmittel in sein Fell kommt und sich böse Knoten und Verklebungen bilden, aber er macht mit und lässt mich gewähren.

Im Anschluss mach ich mich ans Abendessen. Mal wieder Omnia. Gemüse, Hackfleisch, Käse…mein Lieblingsauflauf. Viel später sitzen wir in Zottl und lassen es uns schmecken. Draußen wird es schon frisch und dunkel. Aber das Essen schmeckt und ich bin froh, dass ich Markus ein ordentliches Essen kochen konnte. So kann er den Dosenöffner mal einen Abend in der Schublade lassen.

Und was machen wir nun mit diesem irgendwie verkorksten Nachmittag/Abend?

Genau, ich hab ne Menge Holz dabei, wir gehen zur Grillstelle und machen Feuer! Markus schleppt unsere Stühle, ich die 20+X KG schwere Holzbox auf der Schulter. Läuft!

Mit meinen Anzündern haben wir ruckzuck ein top Feuer am Laufen. Doch kaum brennt es schön, meint Markus: ich hab tropfen abbekommen. Dabei hatte ich gar nix gesagt…es kann also nicht an meiner Aussprache liegen. Auch er neigt nicht zum sabbern….es wird doch jetzt wohl nicht…neee, oder!?

Wir sitzen hier gerade gemütlich und…jetzt bekomme ich auch einen Tropfen ab… Handy raus, Regenradar checken….in etwas Entfernung zieht Regen und Gewitter durch, hier aber sollte es trocken sein.

Da lege ich mal schnell noch einen Scheit auf. Mehr Tropfen kommen dann zum Glück erstmal auch nicht. In der Ferne zündet der Himmel jedoch ein ziemliches Feuerwerk. Es blitzt und donnert. Doch bei uns: vorerst trocken!

Das Holz brennt gut, wir genießen die wohlige Wärme. Markus der ein wenig Ohren/Zahnschmerzen hat, hält sich dicht am Feuer. Die Wärme tut ihm gut. Und wenig später stellen wir fest, dass unten am See ein Feuerwerk gezündet wird. Hatte ich zwar nicht bestellt, aber nehmen wir gerne mit. Ich renne wie der Teufel zurück zu Zottl, hole mein anderes Objektiv für meine Canon, renne wieder zurück und halte drauf. Ein tolles Feuerwerk. Und außer uns: keiner hier!

Gegen Mitternacht fallen mir die Augen zu. Mein super Stuhl klappt die Lehne zurück und ich penne doch glatt zweimal für einen kurzen Moment ein. Zeit fürs Bett. Denn auch das Wetter ändert sich. Es kommt Wind auf, Regenwolken machen sich auf den Weg zu uns. Abbruch!

Das Feuer bzw. die Glut können wir so jedoch nicht zurück lassen. Glut und Wind…nicht dass da was wegfliegt. Ich leere meine 1,5 Liter Wasserflasche über der Glut aus, die quittiert das mit einem bösen Zischen.

5 Minuten später bin ich zurück in Zottl, leicht eingeräuchert aber glücklich. Toller Tag, auch wenn der IO Hawk Mist immer mal wieder hoch poppt. Aber jetzt geh ich mir erstmal ein paar Stunden Schlaf abholen. Hundemüde sinke ich ins Bett.

Bevor ich einschlafe, bekomme ich aber noch einen Rüffel von Friedrich. Er gibt mir zu verstehen, ich würde nach Rauch riechen….aha….manchmal frag ich mich ja schon, was in diesem Van los ist und wer hier der Chef ist… Weiter kommen meine Gedanken aber nicht…ich entschwinde ins Reich der Ruhe und Gelassenheit.

Gute Nacht und viele Grüsse

Kai (und ein noch immer etwas grummeliger Friedrich)