Donnerstag, 28. Oktober 2022 - Tarfaya Casa del Mar II
Moin zusammen,
gestern Abend von der Düne vom Militär vertrieben, in Tarfaya am Dorfplatz gepennt und heute morgen um 8 Uhr wach. Draußen...nix. Mal wieder. Dichter Seenebel. Ich falle zurück in die Kissen.
Immerhin, ohne Sonne, angenehm kühl im Van. Da kann ich noch locker bis 9 Uhr im Bett chillen und Dinge im liegen erledigen. So zum Beispiel YouTube Kommentare bearbeiten. Das mache ich häufig im Bett oder auf der BioToi.
Gegen 9 Uhr lichtet sich die Suppe draußen etwas und ich stehe auf, mache mir ein Frühstück, fühle mich unkreativ und verschiebe das Blog schreiben auf einen späteren Zeitpunkt an diesem noch jungen Tag.
Co-Pilot und Friedrich geben noch keinen Laut von sich. Scheinen noch im Bärenwatteland unterwegs zu sein. Ich lass sie mal lieber auspennen.
Der Plan für uns heute: weiter südlich fahren. Noch etwas am Atlantik entlang. So angenehm vom Klima her...meistens zumindest. Ein wirkliches Ziel gibt es nicht, doch könnten wir es evtl. nach Foum El-Oued schaffen. Mal schauen.
Eigentlich bin ich schon abfahrbereit, es ist 11 Uhr. Gehe aber nochmal vor die Tür, werfe einen Blick auf das Casa del Mar und denke so: hm...wenig Wasser! Ebbe. Hm...kann man da etwa zum Haus laufen??? Alter...ja verdammt. Beim Blick durch meine Canon mit 50-250 mm Objektiv, sehe ich es klar. Nur noch wenig Wasser trennt das Haus vom Strand.
Gestern hab ich es aufgrund zu hohen Wasserstandes nicht zur Hütte geschafft. Aber heute....das ist wohl meine letzte Chance in diesem Leben. Wer weiss ob ich hier nochmal hinkommen und ob das Casa dann noch steht.
Kurz überlege ich, dann geh ich auf die Toilette, überlege weiter, packe meinen Kamera Rucksack und mache mich nochmal auf den Weg zum Haus im Wasser.
Doch...was ist passiert? Als ich aus Zottl aussteige, zieht wieder dichter Nebel auf. Das darf doch jetzt nicht wahr sein. Wie soll ich denn so fotografieren?
Naja, hoffen wir, dass er sich so schnell wie er gekommen ist, auch wieder verzieht.
Ich latsche los, überquere den riesen Strand, muss bis zur Wasserlinie deutlich weiter laufen als gestern, und je nähe ich dem Haus komme, desto besser sehe ich es im Nebel. Schwer auszumachen ist, ob schon voll Ebbe ist oder angehende Flut oder was auch immer. Tja...no Risk no Fun.
Mit meinen Birkenstock laufe ich die 10 m bis zum Haus durchs knietiefe Wasser. Die Hose wird dabei immerhin nicht nass. Im Anschluss muss ich noch etwas über Steine kraxeln und stehe dann vor dem Hauseingang dieser Ruine die mal ein Handelposten war. Also mal rein in die gute Stube. Gar nicht so leicht, muss erstmal n Meter Höhe überwinden bis ich im Türbogen stehe und einen ersten richtigen Blick schweifen lassen kann.
Oh je...das sieht nicht gut aus. Ziemlich verfallen, ich laufe durch den Flur von dem links und rechts Türen in Räume abgehen. Alle ohne Decken, die sind eingestürzt. Die Stahlträger verrosten. Ich wage mich weiter vor, komme in einen großen Raum von dem weitere Türen abgehen, in angrenzende Räume.
Von hier kann ich auch schon raus aufs Meer schauen. Die Wände im EG zur offenen Meerseite arg in Mitleidenschaft gezogen. Riesen Löcher klaffen dort. Das Wasser kann ungehindert voll reinschwappen. Ein Wunder, dass das Haus noch steht. Bei dem Zustand wird es wohl bald kollabieren. In das erste OG komme ich nicht mehr. Keine Treppe, keine Decke. Überall Steine auf denen ich balancieren muss um vorwärts zu kommen. In Birkenstock.
Und...äh...was macht eigentlich die Wasserlinie? Nicht, dass ich hier noch entschlossen werde weil das Wasser zu schnell steigt. Kurz mal raus....schauen...hm...schwer zu sagen. Entweder wie vorher oder etwas mehr Wasser.
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Wieder zurück ins Haus. Ich wage mich noch etwas weiter vor über das Geröllfeld, kann somit noch besser durch die offenen Stellen in den Wänden rausschauen. Erbärmlich. Fotos, filmen, genießen. Viele waren hier sicher noch nicht drin. Wann stimmt schon mal das Timing, dass gerade Ebbe ist und ein Besuch möglich ist.
Außer Steinen und verrosteten Eisenträgern gibt es jedoch nicht viel weiteres zu sehen. Und mein Glück will ich auch nicht überstrapaziere. Ich verlasse das Haus, kletter wieder über die Steine und stehe kurz darauf im Meer. Wate die 12 Meter zurück an den Strand. Und bekomme dabei ne Nasse Hose. Entweder bin ich anders gelaufen oder das Wasser steigt.
Kurz darauf bin ich wieder am Strand...puh...gut gegangen. Ich laufe zurück zu Zottl. Freu mich n Elch, dass das heute so zufällig mit der Besichtigung geklappt hat. Hinter mir verschwindet das Haus wieder im Nebel...wann es wohl in sich zusammenfällt?
Bei Zottl...hä...was ist hier los? Zottl stand vorhin doch anders rum? Mit dem Heck zum Bordstein. Nun steht die Schnauze zum Bordstein. Ich beschleunige meinen Schritt, öffne die Schiebetür. Und wen erwische ich?
Co-Pilot und Friedrich. Auf dem Fahrersitz! Kurz davor die Biege zu machen. Ich lege meinen Schlüsselbund auf den Beifahrersitz und hole erstmal tief Luft bevor ich los schimpfe. Ihr habt gedacht ich schaffe es nicht zurück? Versaufe hier auf dem Rückweg in der Flut? Bin im Haus gefangen? Ertrinke dort?
UND IHR HAUT EINFACH AB!!!??
Während ich vor mich hin schimpfe, was keinen der beiden großartig interessiert, startet plötzlich Zottl's Motor. Friedrich muss sich den Schlüsselbund geschnappt
haben.
EY LEUTE! ICH BIN WIEDER HIER! ICH HAB DAS ÜBERLEBT! ICH REDE MIT EUCH!!
Watte langsam realisieren sie, dass ich tatsächlich wieder da bin und hier keine Fata Morgana steht. Ich greife durch, schnappe beide und werfe sie auf den Beifahrersitz. Schluss jetzt mit der Sabotage!
Abfahrt. So 100 km gen Süden liegen vor uns. Sprit haben wir noch, Lebensmittel gehen zur neige und Wasser haben wir gestern getankt. Schauen wir mal, was die Küste noch so bringt.
Tja...nicht viel außer Sand, Steinen, Müll und Sand. Praktisch über die ganze Strecke liegt lins und rechts der Strecke Müll. Ob der hier hingeweht wird oder hier abfällt, ist schwer zu sagen.
Die Straße ist in gutem Zustand, relativ neuer Fahrbahnbelag, wir fahren gut und kommen flott voran. Rechts mal näher mal weiter weg das Meer. Links mehr oder weniger Wüste.
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So 15 km vor Foum el-Oued sehe ich rechts einen Stein-Sandweg abgehen. Zeit für eine Pause und einen Parkplatz! Ich holpere über den Weg, durch etwas Sand und über Steine, erreiche eine Parkfläche wo auch schon 2-3 andere Fahrzeuge stehen. Motor aus.
Erste Tat: Solarpanel von Wattstunde (5% Rabatt Code TRAVEL5) vor die Tür. An die EcoFlow anschließen und laden. Danach, ans Meer. Drei Fischer versuchen ihr Glück. Haben bisher aber noch nix gefangen wie mir der eine sagt.
Ich setze mich auf einen Stein und genieße. Laufe später zurück zu Zottl und verbringe den Nachmittag bei angenehmer Temperatur mit Blog schreiben und schneiden. Das macht sich ja nicht von selbst.
Ruckzuck ist 18 Uhr, die Sonne steht tief, ich hole meine Induktion raus und mache mir das gleiche Essen wie gestern. Heute aber verpackt in einem Tortilla. Und wisst ihr wie ich den anwärme? Nein?
Ich lege den Tortilla auf meine Induktionsplatte und stell die Pfanne drauf. Kein Scherz, das geht. Ich kann sogar noch die Pfanne heizen, durch den Tortilla. Lange muss der dort auch nicht liegen, das Ceranglas ist warm, die Pfanne von unten heiss, der Tortilla ist ruckzuck warm. Ich bin ein Genie...irgendwie!
Und mit dieser Gewissheit futtere ich dann schnell. Denn der Sonnenuntergang sitzt mir im Genick. Und obwohl ich denke, dass wird heut eh wieder nix, irgend ne Wolke oder Seenebel lacht mich sicher wieder aus, wird es am Ende ein Bilderbuch Untergang. Nur ohne Killer Spektakel am Himmel nachdem die Sonne weg ist. Aber das Versumpfen im Meer läuft top. Genial!
Jetzt muss es schnell gehen. Pennen will ich hier nicht. Kommen sicher die Cops oder das Militär und verscheuchen mich später. Bei einsetzender Dämmerung starte ich den Motor, wende und fahre die Holperstrecke zurück zur Straße. Noch schnell die letzten 15 km fahren und als ich Foum el-Oued erreiche ist es zappenduster. Das geht hier immer echt schnell mit der Dunkelheit.
Ich parke am Stadtrand auf einem riesigen Parkplatz der fast leer ist. Ein alter Hymer Camper steht noch vorne an der Straße, sonst nur ein paar PKW. Der PP top ausgeleuchtet. Angekommen! Selbst ein WC Haus steht irgendwo rechts von uns.
Sitz drehen, Laptop auf den Tisch. Arbeiten. Nebenher das Drumherum beobachten. Es fahren auf der Straße immer wieder die gleichen Autos vorbei. Keine Ahnung was die hier wieder treiben, aber viele fahren im Kreis. Seltsam! Aber egal...ich arbeite, genehmige mir noch einen GIN TONIC, hab dazu ein Silwy Whisky Glas mit 1/3 Wasser gefüllt und vorhin schon in den Gefrierer gestellt. Dabei auch die Sauerei entdeckt, die die vergessene Cola Dose im Gefrierer angerichtet hat. Fuck! Ausgelaufen. immerhin im Fach geblieben und nicht in den Kühlerschrank gesifft. Die Dose komplett durchgefroren. Es dauert ne Weile, bis ich sie dann "trinken" konnte.
Draußen den ganzen Abend gut was los. Ne Meng Leute am Strand und auf der Straße. Das Leben findet hier abends statt. Mein Leben endet dann aber gegen Mitternacht. Durch für heute. Video fertig und hochgeladen. Ich darf ins Bett. Juhu!
Mit auf diesem Weg begleiten mich Co-Pilot und Friedrich, die auch genug haben für heute.
Gute Nacht und bis morgen.
Kai und Team.
GPS Koordinaten:
morgens: 27.944840, -12.925313
abends: 27.179674, -13.395487
Unsere heutige Route: 105 km
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Edith Räbiger (Mittwoch, 30 November 2022 19:26)
Mensch Kai, die Aktion war ja ganz schön mutig. Aber super toll dass du dich getraut hast, Danke, Danke, Danke! So konnten wir sehr viel mehr sehen als mancher Tourist. Deine süßen Mitreisenden sind ja richtige Schlingel, auch interessant was die sich so trauen ;-)) Die Sonne im "Abgang" - tolles Foto. Jetzt noch schnell das Video ansehen ... Liebe Grüße aus dem 3 Grad warmen deutschen Norden.
Rolf (Donnerstag, 28 September 2023 18:38)
Nun ist anscheinend ein grosser Teil eingestürzt, was im 2022 noch erhalten war. Siehe https://agadirmichelterrier.wordpress.com/2023/04/16/tarfaya-casa-del-mar-un-temoin-de-la-souverainete-du-maroc-tombe-en-ruine/