#475 Lofoten - Abschied und neuer Versuch bei Nacht

Mittwoch, 29. Juni 2022, Unstad Beach nach Haukland Beach

Schönen guten Morgen,

Nachts ein altbekanntes Geräusch, morgens auch immer mal wieder. Dazu ein dezentes Wackeln von Zottl. Regen und Wind! Altbekannt und unbeliebt im Team. Es sei denn, man muss nicht vor die Tür und hat auch sonst nix zu tun…dann ist es wohl das gemütlichste Wetter, dass man sich vorstellen kann. Getoppt nur von Schneefall.

Und da wir das Wetter kennen und es schön haben im Bett, wird bis 11:30 Uhr gepennt. Genial!

Als ich dann mal aufstehe und die Tür öffne um die Nase rauszuhalten, steht kurz darauf Nout vor der Tür. Er schaut ein wenig verzweifelt aus. Was ist passiert? Doch bevor ich fragen kann, schießt er gleich los:

Hast Du evtl. meine Kamera mit in deinen Van genommen?Ich finde sie nicht mehr. Hab schon zweimal den Van durchsucht und finde sie nicht mehr. 

Hm…ich überlege kurz und schaue mich in Zottl um. Ich weiss wie seine Kamera aussieht, wir hatten uns gestern über das Thema Fotografie unterhalten und er mir seine Kamera gezeigt. Ein teure Kompaktkamera von Canon. Ich gab ihm dann noch ein paar Tipps bzgl. manueller Fotografie. 

Doch kann ich mich nicht erinnern, die Kamera in Zottl getragen zu haben. 

Ich bin mir ziemlich sicher, dass die Kamera definitiv nicht in Zottl ist. Hm…Co-Pilot und Friedrich evtl? Aber nein, sie verstecken nur meine Sachen, fremde Dinge rühren sie nicht an. Ein wenig Erziehung haben sie dann doch.

Nout vermutet, dass ihm die Kamera aus dem offenen Auto geklaut wurde. Das wäre echt Mist. Aber in Norwegen? Diebstahl? Schwer vorzustellen.

Fakt ist, sie ist weg. Auf diese schlechten News erstmal einen Kaffee bei Nout. Er durchsucht parallel nochmal seine Kisten im Auto. Nix. Gibts doch nicht. 

Ich schaue mich dort um, wo wir gestern saßen. Evtl. ist die Kamera irgendwie vom Tisch ins hohe Gras gefallen. Nix. 

Erfolglos laufe ich zurück zur Kaffeebar am Heck von Nout’s Auto. Und fragt mich nicht warum, aber irgendwie schießt mir der Gedanke in den Kopf: vielleicht liegt sie ja unter dem Auto? 

Ich bücke mich leicht, Nout bekommt das gar nicht richtig mit, und was sehen meine Augen: da liegt tatsächlich die Kamera. Hinter dem rechten hinteren Reifen. Gibts doch nicht. Ich stelle mich wieder aufrecht hin und meine:

Hey Nout, was bekomme ich, wenn ich weiss wo deine Kamera ist?
Er ist gar nicht bei der Sache, versteh auch wohl nicht, worauf ich hinaus will, und so meine ich lachend: ach, vergiss es! Ich bücke mich und ziehe die Kamera unter dem Auto hervor.
Sein Blick: unbezahlbar! Es ist eine 800 EUR teure Kamera, dementsprechend entgeistert schaut er auch. 

Die Kamera durch Wind und Regen etwas eingestaubt aber sie ist hier. Ich reiche sie ihm und er weiss vor Erleichterung gar nicht wohin mit sich. 

Dann antwortet er auf meine vorher gestellte Frage:

Bekommst ne fette Umarmung!! 

Ja, die krieg ich dann auch. Und n Kaffee plus Kekse! Essen und trinken…und ich bin glücklich!

Die Kamera zwar etwas in Mitleidenschaft gezogen, Staub im Objektiv, muss wohl zum Service, aber sie ist da und funktioniert noch. 

Stellt euch vor, ich hätte die Kamera nicht gesehen…er wäre glatt mit seinem eigenen Auto drüber gefahren… Man darf gar nicht dran denken!

Wir stehen draußen, trinken Kaffee und Nout ist wieder gut drauf. Was ein Glück. Das Wetter auch besser als erwartet. Sogar blaue Lücken am Himmel. Was noch fehlt sind surfbare Wellen. Die sollen aber noch kommen. 

Beide entscheiden wir, heute nochmal hier zu bleiben. Allerdings wird es doch anders kommen, nur weiss das bisher niemand. 

Ich setze mich nach dem Kaffee an den Laptop und arbeite. Nout macht ne Runde rüber zum Stellplatz WC und dann noch in den Surfshop. 

Das Wetter wird während dessen schlechter. Zieht komplett zu, die Berge in den Wolken, super grau alles. Trocken mit Wind. Und so langsam kommt auch Bewegung ins Meer. Es wird welliger. 

Der Nachmittag verfliegt. Nout macht eine Surfversuch, doch entscheidet sich dann doch dagegen ins Wasser zu gehen. Die Wellen noch nicht richtig. 

Den ganzen Nachmittag über kommen Surfer angefahren, checken die Lage, fahren wieder. Ein kommen und gehen. Surfen scheint mir echt anstrengend zu sein. 

Ich setze in einer Arbeitspause noch eine neue Masse Kokosfasern für die BioToi an. Die ist nämlich so langsam gut gefüllt und es wird Zeit für die Leerung des Feststofftanks. Das ist für morgen geplant. 

Somit also 600ml Wasser über einen Kokosziegel in einer Plastiktüte im Eimer. Bis morgen ist das Luder weich. 

Gegen 20 Uhr geht Nout ins Wasser. Einziger Surfer. Die Wellen keine Offenbarung, aber er will es probieren. Immerhin ist er 1000 km hergefahren zum Surfen und alles was er bekam, war eine Session und danach nur top Sommerwetter ohne jegliche Wellen. 

Ich halte mit meinem 600 mm Objektiv drauf. Erst vom Parkplatz der Vans, dann vom Strand. Es läuft allerdings nicht gut mit den Wellen. Zu wenig Druck, wenig brauchbares dabei was man surfen könnte. Später gesellen sich noch ein paar andere Surfer mit ins Wasser. Aber auch die finden nix besseres. 

Nach ner Stunde ist Schluss. Nout legt sich trocken und fällt die Entscheidung, heute noch abzufahren. So muss er die ganze Strecke nach Oulu, Finnland, nicht morgen komplett fahren. Vor allem kommt er heute Nacht ohne Verkehr von den Lofoten runter.

Das ändert dann wohl auch meine Planung. Alleine hier rumhängen, hab ich auch keinen Bock. Das Wetter weiter grau. So entwickelt sich ein Plan in mir. Und da wir nun beide fahren, gibt es auch kein Abschiedsbier, sondern einen Abschiedskaffee. 

Um 22:30 Uhr macht sich Nout auf den Weg. War ne coole Zeit mit ihm. Er hat mir viel übers Surfen und Pferde erzählt. Sau interessant, wir hatten ne sehr coole Zeit hier am Unstad Beach. 

Ich hoffe, wir treffen uns irgendwo mal wieder auf n Bier und n paar nette Gespräche. 

Tja, so ist das wenn man reist, man lernt Leute kennen. Ein toller Nebeneffekt!

Bevor ich jedoch abfahre, schnell noch vor der Tür, rasieren. Gerade niemand hier, der Wind eingeschlafen. Der Rasierer wird auf 3 mm gestellt und los gehts. 

Kurz drauf sehe ich wieder ordentlich aus. 

Als nächstes kommt Zottl dran. Einmal komplett durchfegen. Der Unstad Beach Sand soll bleiben, wo er hingehört. Im Anschluss aufräumen, liegt wieder alles kreuz und quer, und um 23:30 Uhr fahren auch wir ab. Später Arbeitsbeginn für Co-Pilot und Friedrich. 

Unser Ziel: Haukland Beach. Zweiter Anlauf. Wir hoffen, es klappt. 

Auf den 15 km Fahrt kommt uns kein Auto entgegen. Nix. Wir sind die letzten Reisenden die hier heute noch unterwegs sind. 

Am Haukland angekommen, ist zwar noch Platz für uns, aber ich fahre noch kurz durch den Tunnel um Uttakleiv Beach. Der sieht ziemlich voll mit Weissware aus. Zudem mit 25 Euro echt teuer und Checkout ist um 13 Uhr. Ich würde also den Betrag für gerade mal 12 h zahlen. Nope! Ich drehe, fahre zurück durch den Tunnel zum Haukland Beach. 

Der einzige Platz mit Meerblick ist frei und gehört uns. Praktisch, nachts anzufahren. Alles ruhig hier, so schnappe ich mir noch schnell die Kamera und laufe vor zum Strand. Hat sich einiges getan hier in den letzten vier Jahren. 

Neue WC Anlage, zwei Container stehen rum in denen Kiosk und Café untergebracht sind. Alles geschlossen natürlich. Weit nach Mitternacht aber taghell.

Also ab an den Strand. Leer. Eine Person steht außer mir noch rum. Der Himmel grau, die Wolken tief. Dennoch: einer der schönsten, mit dem Auto erreichbaren, Stände auf den Lofoten in meinen Augen. 

Nach dem Strandspaziergang zurück in Zottl, noch n Stündchen arbeiten und gegen halb drei ist Feierabend fürs Team. Alle Mann ins Bett und schlafen. 

Morgen ist ein neuer Tag und wenn der Wetterbericht Recht behält, wird es sonnig.

Viele Grüss und gute Nacht

Kai und die Spätarbeiter