Guten Morgen auf 2.300 m,
nach ruhiger Nacht folgt ein ruhiger Morgen. Ist ja schließlich Sonntag. Wettertechnisch hat sich der klare Nachthimmel leider nicht in den nächsten Morgen retten können, es ist zwar etwas aufgelockerter als gestern bei unserer Ankunft, kurz schaut die Sonne durch, doch der Nebel ist hartnäckig und ein treuer Begleiter heute.
Der Tag startet erstmal mit einer schönen warmen Dusch am Ende der Welt. Immer wieder ein Highlight. Frisch geduscht morgens aus Zottl steigen und mitten in der Natur zu stehen. Ein Traum für mich….der wahr wurde mit Zottl.
Draußen ist noch nicht viel los als ich vor die Tür gehe. Katja ist aber schon am Start. Die anderen beiden wohl noch beschäftigt. So gibt’s einen kurzen Schwatz mit Katja und wir verabreden, im weiteren Verlauf des Vormittags noch eine kleine Room Tour durch ihren Nugget zu machen. Ist zwar Neuland für mich, aber wir probieren das mal filmerisch irgendwie festzuhalten. Sie wohnt ja schon seit mehreren Monaten im Van und wird auch noch ein paar Monate unterwegs sein.
Bevor ich mich aber an so eine Herkulesaufgabe ran mache, muss erstmal ein ordentliches Frühstück genossen werden.
Heute geht es uns gut und wir versammeln uns am späteren Vormittag vor Zottl, an meinem Tisch und jeder bringt mit was er hat. So stehen am Ende von Brötchen über Käse, Butter, braune Masse, gekochte Eier, selbstgemachtes Birchermüsli, Brot, Kaffee….auf dem Tisch. Es sieht so aus, als würden wir wohl alle gut satt werden.
Das Wetter macht es weiterhin nicht ganz so angenehm draußen, mit Pullover ist es aber noch auszuhalten. Der Nebel über der Staumauer schwappt auch immer mehr über den See und in unsere Richtung. Die Aussicht sieht herbstlich aus. Ein Feuer wäre schön...doch unser Holz ist alle und hier oben gibt es keine Bäume oder Büsche oder sonst etwas, das brennen könnte.
Gegen Mittag haben wir das Frühstück erfolgreich hinter uns gebracht und wir starten die Roomtour durch Katja’s Nugget. Details dazu im Video.
Unter dem Strich gefällt mir der kompakte aber hohe Nugget gut. Für eine Person ein passendes Fahrzeug. Allerdings, und das wäre das No Go für mich, zu wenig Frischwasserkapazität und keine Dusche, kein ordentliches Bad. Das wäre nicht meins.
Nach der Roomtour ist vor dem Auf- und Zusammenräumen. Wie schnell doch immer Zeug rumliegt und sich in und um den Kasten verteilt. Verrückt! Es dauert also einen Moment bis der Grill wieder in Zottl’s Keller verschwindet, Tisch und Stuhl folgen, leere Holz Box auch. Danach geht es in Zottl weiter, Co-Pilot und Friedrich wecken und platzieren. Leichtes Gegrummel schlägt mir entgegen… Denke, sie sehen den Nebel und fallen schon fast wieder in Winterschlaf.
Kurz noch durch Zottl fegen kann ja auch nicht schaden und wo ich schon dabei bin putze ich auch gleich noch die Frontscheibe und das Armaturenbrett. So ist zumindest mal kurzfristig wieder alles sauber. Bis der Staub wieder zuschlägt.
Nach der Putzaktion werden die Motoren alles Vans gestartet und wir machen uns im Konvoi auf, erst wieder entlang des Sees über holprige Strecke, dann über die nebelverhangene Staumauer und schließlich nur noch bergab. Die ersten Meter laufen gut, kein Gegenverkehr und wir verlieren an Höhe und kommen wieder aus dem Nebel raus.
Doch an einer sehr unpassenden Stelle kommt uns ein Tesla Model X entgegen. Er fährt bergauf eine enge Rechtskurve, wir bergrunter die gleiche Kurve, aber links rum. Am Scheitelpunkt stehen wir uns gegenüber. Ausweichen? Schier unmöglich! Der Tesla muss zurücksetzen an den Anfang der Kurve und sich sehr dünn machen.
Während ich ihm beim Rangieren zuschauen, denke ich so vor mich hin, was der hier oben wohl treibt. Sucht er eine Ladestation? Will er seinen Tesla testen ob er auch in der Höhe funktioniert…aber ist ja keine Dieselheizung. Sollte also Höhenneutral laufen. Oder will er später bergab einfach nur Strom produzieren…. Naja, wie auch immer. Der Fahrer ist auf jeden Fall nicht im automatischen Fahrmodus unterwegs sondern rangiert hier vor mir manuell. Und er kann es, so dass wir aneinander vorbei kommen. Alle anderen auch.
Mit aktivierter Bergabfahrhilfe tuckern wir immer weiter runter. Die Landschaft ist einfach fantastisch hier oben. Beim runterfahren bekommt man das deutlich besser mit als berghoch. Gut, gestern bei der Anfahrt stocherten wir ja auch nur im Nebel. Heut ist die Sicht deutlich besser. Ich habe die Freude, als erster vorweg zu fahren, das ermöglicht mir das Filmen nach hinten mit der DJI Osmo Action auf einem Selfistick. So hab ich alle Vans auf dem Bild. Sehr genial!
Runter geht gefühlt schneller als hoch. Einige Fahrzeuge kommen noch entgegen, aber glücklicherweise immer an Stellen wo das Passieren leicht von der Hand geht. Und irgendwann piept mein Handy…oh…der Empfang ist zurück! Und fast gleichzeitig liegt der Lago di Sambuca vor uns. Was für ein schöner Ausblick. Auch bei trüberem Wetter einfach fantastisch.
15 Minuten später stehen wir wieder am Kiosk wo gestern die Auffahrt mit einem Eis gestartet hatte. Es geht auf 16 Uhr zu, und wir machen Kaffeepause…Silvio schmeißt eine Runde Kiosk-Eis. Danke dafür! Und wenn wir hier schon pausieren, können wir auch gleich noch Daten tauschen. Jens, Katja und ich holen die Laptops und beginnen mit SD Karten und USB Sticks zu jonglieren. Bis jeder hat, was er will und braucht. Glücklicherweise sitzen wir unter einem Baum, denn auch Petrus ist mit von der Partie und lässt mal kurz ein Regenschauer über uns runter. Danke dafür!
Das Eis schmeckt und während wir Daten jonglieren, schauen wir natürlich auch mal in die Aufnahmen rein und freuen uns dass einige gute Shots dabei sind. Um hier aber nicht Wurzeln zu schlagen, muss das Videoschauen irgendwann abgewürgt werden. Sonst geht da schnell mal ne Stunde rum, ohne jegliche Produktivität.
Eine halbe Stunde später sitzen wir auf und reiten…äh…rollen weiter. Weiter hinunter, um zig (enge) Kurven. An der Serpentienen Passage verpeile ich die Kurven vor lauter filmen ein wenig und muss drei Mal zurücksetzen um durch zu kommen. Unser nächster Treffpunkt ist übrigens am Stellplatz in Bellinzona, falls wir uns verlieren. Doch erstmal sieht es gut aus und wir bleiben zusammen. Jens hat die Führung übernommen, er hat sein Navi schon mit den Koordinaten gefüttert. Ich folge ihm dumm.
Doch als wir Ascona erreichen, lässt er mich an einer Ampel stehen. Er rutscht noch durch, ich muss stoppen. Weg ist er. Und wart auch nicht mehr gesehen. Mist! Ich hab keine Ahnung wo es hingeht….außer halt die grobe Angabe „Stellplatz Bellinzona“. Hinter mir Katja und Silvio, die möglicherweise auch keinen Plan haben. Doppelmist!
Die Ampel wird grün, ich folge der Beschilderung Bellinzona und denke nach…Co-Pilot und Friedrich werden leicht unruhig und mir scheint, als deute der Co-Pilot auf mein Handy. Hä? Ja, Co-Pilot, ich weiß, da ist mein Handy…das kann navigieren, aber was hilfts wenn ich nicht weiss…. Ah…oh…klar...jetzt verstehe ich.
Schnell deaktiviere ich den Bildschirmschoner, tippe hier und da, Zoome, suche…gut ist hier gerade eine lange Rotphase an der Ampel…und…hm…sieht gut aus….als Ziel auf Google Maps übernehmen! Japp, wir sind wieder on Track und wissen wo es hingeht. Dank Co-Pilot und Park4Night haben wir einen Plan. Denn der Stellplatz in Bellinzona ist auf Park4Night registriert. Da es nur einen gibt, keine Verwechslungsgefahr.
40 Minuten später erreichen wir den Spot. Von Jens keine Spur. Haben wir ihn überholt irgendwo?
Katja fährt gleich auf die Entsorgespur. Ich schau mich etwas um. Finde Mülltonnen, Frischwasser gegen Geld, Grauwasserablass im Boden und Schwarzwasser kann auch kostenlos entleert werden. Kostenfrei ist der Platz nicht, per Parkuhr wird gezahlt.
Und ein paar Minuten später rollt auch Jens auf den Platz und Silvio kommt auch noch an. Wir sind komplett!
Tja, und das schlimmste kommt zum Schluss: es heißt Abschied nehmen! Ob wir Jens vor seiner Abfahrt nochmal sehen, ist ungewiss. Gewiss ist, das war unsere letzte Tour mit Jens. Die nächsten Wochenenden hat er keine Zeit, muss arbeiten. Ich bin auch beschäftigt. Somit: Endet hier alles was vor ca. 1,5 Jahren begonnen hat. Viele tolle Trips und lustige Situationen erscheinen vor meinem geistigen Auge. Das wir uns erst etwas länger als 1,5 Jahre kennen ist verblüffend…es fühlt sich deutlich länger an.
Für Jens startet in Kürze einer neue Lebensabschnitt. Seine Reise über die Panamericana beginnt im Oktober. Für uns geht das Leben dagegen normal weiter… Natürlich wird unser Team auch weiterhin unterwegs sein, mit Freunden und Mitreisenden, doch Jens wird fehlen. Das steht außer Frage. So freuen wir uns jetzt schon mal auf Dezember 2020, denn wenn alles nach Plan läuft, ist Jens dann wieder zurück.
Doch erstmal wünschen wir Jens und seiner Frau grandiose Monate und Momente auf ihrer Reise. Gute Gesundheit und eine pannenfreie Fahrt. Viele tolle Eindrücke sowie ganz viel Freude und Spaß auf der Reise! Wir freuen uns für Dich…aber freuen uns auch, wenn Du wieder zurück bist und dann hoffentlich immer noch Lust und Laune am campen und umherreisen hast.
Mit diesen Worten und einem traurigen und einem lachenden Auge verlassen wir den Stellplatz unter der Brücke nahe der Autobahn. Jens fährt als erstes, so können wir filmen und winken. Katja folgt ihm noch ein wenig. Silvio bleibt noch einen Moment und entsorgt.
Unser Team fährt ab gen Gotthard. Da dort jedoch massiv Stau ist, stoppe ich am Autobahnparkplatz mit Entsorgung, esse noch zu Abend, bearbeite ein Video, entsorge und fahre erst gegen 21 Uhr
weiter. Dafür aber völlig ohne Stau. Auch in Luzern nichts los, wir rollen also staufrei nach Hause und erreichen dieses gegen 23 Uhr.
Was für ein geniales Wochenende…
Viele Grüsse und gute Nacht
Kai
GPS Koordinaten:
Lago del Naret: 46.473548, 8.565418
Stellplatz Bellinzona: 46.201227, 9.017202
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