Sonntag, 6. März, Das Polarlicht Risiko und die Flucht
Hallo zusammen,
direkte Fortsetzung von Blog #378. Nordkapp, Abend, Sonnenuntergang Vorbereitung für den Abend...
...Die Dämmerung geht ewig. Gegen 17 Uhr setze ich mich in Zottl und bereit alles für den Abend vor. Kameraeinstellungen fürs Filmen und fotografieren anpassen:
Manueller Modus
Bildstabilisator aus
Manueller Fokus
Weissabgleich auf „sonnig“
ISO zum filmen auf 16.000 (Sony Alpha S7 III)
Belichtung 1/10 plus minus
Für die Fotos:
ISO je nach Gegebenheit 500-1500
Belichtung 3-6 Sekunden
Blende 1.8
Akkus zusammensammeln, voll sind sie, Speicherkarten leeren.
Ich bin bereit….als es plötzlich an der Tür klopft. Hä?
Ah…evtl. hat uns jemand erkannt. Obwohl das schwer ist heute, alle Logos und auch der Co-Pilot sind mit Schnee bedeckt. Ich öffne die Tür und stutze kurz. Da steht ein junger Mann in
Schneeschiebermontur. Und er hat keine guten Nachrichten.
Er meint, es wäre besser, das Kapp zu verlassen. Sturm würde kommen und es könne sein, dass die Straße geschlossen wird.
Ich falle aus allen Wolken und bin perplex. Sturm? Heute?
Alle meine Apps sagen ab morgen 10-11 Uhr höhere Windgeschwindigkeiten voraus. Aber nicht für heute Nacht.
Ich kann hier jetzt nicht wegfahren, nicht bei den perfekten Bedingungen. Das sage ich dem netten Herren auch, er meint dennoch, es sei besser das Kapp zu verlassen. Es würde irgendwann in der
Nacht die Straße geschlossen werden. Ein paar Stunden könnte man zwar wohl noch bleiben, aber es sei ein Risiko. Im schlimmsten Fall sei ich bis Dienstag oder Mittwoch hier oben
blockiert.
Ich bedanke mich bei ihm für diese Auskunft und er läuft zum nächsten Fahrzeug.
Und nun? Die perfekten Bedingungen zur Polarlichtjagd sausen lassen, weil Sturm aufkommt? Oh man…das geht nicht. Das kann ich nicht machen! Ich hab hier fast einen Sechser im Wetterlotto und mit
der Location und dann soll ich jetzt die Biege machen?
Teamsitzung! Wir diskutieren lange, Friedrich checkt verschiedene Wetter Apps, wir gehen die Optionen durch, wieviel Diesel ist noch im Tank (deutlich über halb voll), damit können wir noch 4-5 Tag heizen.
Während bei uns die Köpfe rauchen, räumen meine Nachbarcamper ihre Cockpit Abdeckungen wieder zusammen und fahren ab. Sieht nach Flucht aus.
Obwohl Friedrich kein Freund von Sturm ist, und auch der Co-Pilot dieses windige Zeug nicht mag, entscheiden wir einstimmig: wir bleiben! Vorerst!
Stündlich wird die Lage neu beurteilt. Friedrich behält die Wetterapps und Windgeschwindigkeiten im Auge (super Apps sind übrigens Windy, YR sowie www.175.no)
Kaum ist die Entscheidung getroffen, das letzte Tageslicht aber noch nicht verschwunden, geht die Show am Himmel los. Ich schnappe Stativ und Sony und bin die nächsten Stunden hauptsächlich draußen, filme und fotografiere.
Die Show ist cool, aber keine solche Superlative wie damals bei Neiden. Die Dynamik fehlt etwas. Es leuchtet fantastisch und es ist ein Spektakel, doch Gänsehautfelling gibt es bei mir nur, wenn richtig Bewegung in die Polarlichter kommt.
Einmal, gegen 21 Uhr, ist es Ansatzweise so weit, ebbt dann aber leider wieder ab. Dennoch, eine Hammer Show. Was haben wir für ein Glück! Der erste gute Tag hier oben seit gefühlt Wochen und wir bekommen ne geile Show zu sehen.
Zwischendurch, das Licht kommt und geht, immer wieder kurz zurück in Zottl zum aufwärmen. Abendessen geht komplett vergessen. Immer wieder vor die Tür und über das Gelände streifen. Der Focus
liegt heute auf dem Filmen. Ich will gutes Material für ein eigenständiges Polarlicht Video.
So vergeht die Zeit. Wir sind hier auch nicht alleine unterwegs, mehrer Leute streunern hier durch die Gegend. Doch je später es wird, desto weniger werden es. Der zweite
verbliebene Camper fährt irgendwann ab. Auch die PKWs verlassen das Kapp. Zum Schluss…steht nur noch Zottl auf dem großen Parkplatz. Ich vermute, wird sind jetzt komplett alleine hier
draußen. Wir haben das Kapp für uns.
Gegen 23 Uhr stelle ich fest, dass der Wind zulegt. Auch ist langsam die Luft raus. Seit 17 Uhr bin ich hauptsächlich vor der Tür. Steh im Wind und ziehe mein Ding durch. Das ist anstrengend. Und
da ich tolle Schüsse gemacht habe, beraumen wir eine letzte abendliche Teamsitzung ein. Wie soll es weiter gehen?
Wieder fällt eine einstimmige Entscheidung, das ist echt selten. Sonst schießt immer einer quer. Aber heute nicht. Die Lage ist zu ernst.
Wir beschließen, dass wir hier die Biege machen. Die Windgeschwindigkeiten sollen über Nacht deutlich zunehmen, bis 80 km/h morgen früh. Und das den ganzen Montag über. Darauf hab ich keine Lust und sonst auch niemand.
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Also mache ich Zottl startklar, lasse den Motor schonmal etwas warm laufen, verräume alles, setze zurück, drehe Zottl's Nase in den Wind und….ja leck…ich glaub mich trifft der Schlag! Wo kommt
der denn her??? Normalerweise merkt man wenn sowas anfährt? Helles Licht, Lärm der Schaufel….diesmal…nix! Ist der vom Himmel gefallen, hergebeamt?
Wie auch immer, da steht ein Schneepflug, abfahrbereit. Das glaub ich ja jetzt nicht.
Ich bitte den Co-Pilot, mir doch kurz einen wattigen Tritt zu geben…autsch…okay, ich träume nicht.
So stoppe ich Zottl und warte 5 Minuten. Dann setzt sich der Pflug, es ist 23:30 Uhr in Bewegung, wir folgen mit 100-150 m Abstand um nicht komplett im Schneestaub zu versinken. Und es staubt ordentlich, scheint also einiges an Schneewehen auf der Straße zu geben.
So fahren wir die nächsten 4 km im Windschatten des Schneepflugs, recht entspannt und ohne denken zu müssen.
Doch dann, auf einer Anhöhe, fährt der Pflug rechts ran und wird langsamer, wir ziehen an ihm vorbei, ich hau kurz den Warnblinker als Dank rein und beschleunige. Der Pflug wird kleiner im Rückspiegel. Wir sind auf uns alleine gestellt. Der Privat Konvoi zu Ende.
Aber wir sind ja selber groß und die Strecke ist gut geräumt. Wir kommen mit 70 km/h zügig voran, hier und da ein klein wenig Schnee auf der Strecke, sonst das übliche griffige Eis mit Altschnee. Die Fahrt verläuft entspannt. Es hilft auch, dass es mehrheitlich bergab geht. Und Licht haben wir ja Dank Osram auch genug auf dem Dach.
So erreichen wir nach 13 km die Nordkapp Schranke, offen, biegen danach links ab und sind nach 3 weiteren Kilometern in Skarsvag. Ein kleines Fischerdorf am Ende der Welt. Wir sind in Sicherheit!
Am Hafen wird geparkt, da stehen auch die anderen Camper vom Nordkapp, die schon um 17 Uhr abgefahren waren.
Ins Bett kann ich noch nicht sofort. Zu viel Adrenalin im Blut.
Schnell noch eins der kostbaren Biere trinken, alles nochmal im Kopf verarbeite und im Anschluss mit Co-Pilot und Friedrich nach hinten krabbeln.
Was für ein geiler Tag! Was für ein cooles Team mit dem wir unterwegs sind. Die größte Ehre gebührt dabei sicherlich Zottl, der alles, wirklich alles, klaglos mitmacht und uns nicht im Stich
lässt. Über 120.000 km hat er nun auf der Uhr, und tickt wie neu.
Danke dafür, lieber Zottl!
Jetzt aber Augen zu und ab ins Land der Polarlichtträume…
Viele Polarlichtgrüsse
Kai und ein grünes Team
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