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#357 Der nördlichste Europas - Slettnes Fyr Leuchtturm und ein rosa Morgen

Mittwoch, 23.02.2022, 5 km vor Gamvik - Slettnes Fyr Leuchtturm

 

 

Guten Morgen,


oder sollte ich besser guten FRÜHEN Morgen schreiben? Als ich aufwache, auf die Uhr schaue, ist es gerade mal 6 Uhr. Alter, was ist denn los? Ist meine Langschlafphase beendet?
Während neben mir noch alles poft, bin ich…hellwach. Naja, nutzen wir die Zeit und schauen mal raus…Verdunklung hoch…Junger Vadder! Wasn’n da los?

Vor mir ist es bereits deutlich hell, der Himmel klar und uns schräg nach vorne gegenüber, beginnt der Himmel schon zu glühen. Wir bekommen wohl einen genialen Sonnenaufgang.
Aber, nur kein Stress, das dauert noch ewig. Bis die Sonne hier mal zu sehen ist, ist es vermutlich 7:30 Uhr.

Somit erstmal Social Media Pause aus dem Bett raus. Persönliche PayPal Bedankungen schicken, Insta Post, YT Kommentare durch scrollen. Alles kann ich auf YT nicht mehr beantworten. Bei fast täglich einem Video, komme ich nicht mehr hinterher. Aber ich versuche, alles zu lesen und Daumen hoch und Herzli zu verteilen. Das könnte ja eigentlich auch der Co-Pilot während der Fahrt machen. Doch erstens würde ihm dabei schlecht, er kann nur stur gerade aus schauen, es sei denn er ist sauer, und zum anderen kommt er mit dem kleinen Display und seinen riesen Tatzen nicht klar. Er trifft die Herzli nie, wird dann sauer, dreht sich weg…und dann wird ihm doch schlecht… 

Ja, willkommen in meinem Leben :))).

Als soweit bei weitem nicht alles erledig, aber das Gewissen beruhigt ist, stehe ich auf. Warm anziehen, Kameras klar machen und raus in die Minus 8 Grad. Dazu kalter Wind aus ca. Süd. Aber der Blick Leute….der Platz echt nicht der Hit, so an der Straße, aber das es so genau passt mit dem Sonnenaufgang, ist schon geil!

Die Canon filmt den Sonnenaufgang, mit der Sony Alpha 7SIII filme ich durch die Gegend. Ich hätte es gescheiter anders rum gemacht. Mit der Sony und meinen Mikrofonen hab ich enorme Tonprobleme und ein ständiges knacken bei Wind. Eine Kamera für 4.500 EUR kommt nicht mit Wind klar! Irgendwas scheint mir da defekt. Selbst wenn ich den Tonpegel auf 3-5 reduziere, höher ich knacken. Es ist zum Kotzen. 

 

Aber zurück zum Sonnenaufgang. Grandios. Aber es dauert ewig. Dann aber endlich verwandelt sich die Landschaft in rosa und orange. Der Schnee schimmert vor sich hin, selbst Zottl wechselt die Farbe. Was für ein magisches Schauspiel! Man was bin ich froh, war ich heute um 6 Uhr wach.

Nachdem das Schauspiel gebührend eingefangen und gefeiert wurde, machen wir uns Abfahrbereit. 5 km noch bis Gamvik. Das sollte easy machbar sein. 

Ist es auch!

Durch verschneite Landschaften erreichen wir das verschlafene Fischerdorf am Ende der Welt. Tief eingeschneit, und bei tollem Wetter. Jetzt muss nur noch die Zufahrt zum Leuchtturm Parkplatz am Ortsrand frei geschaufelt sein…dann bin ich happy. Die letzten 1,5 km können wir uns dann mit Schneeschuhen zum Leuchtfeuer kämpfen. Ich vermute, dieses ist nicht besetzt, ferngesteuert und daher auch kein Weg gepflügt.
Wie konnte ich nur so falsch liegen?!

 




Am Gamvik Hafen, kurz nach dem Einkaufslädli, biegen wir links ab, folgen der Straße wieder raus aus dem Dorf, aus Schnee wird eine reine Eispiste. Schwarzes Eis. Entsprechend vorsichtig fahre ich und sehe aber schon aus einiger Entfernung…hm….da liegen Schneeberge links und rechts der Straße…das sieht mir tatsächlich gepflügt aus! 

Je näher ich komme, desto mehr flippe ich….und als ich auf dem geräumten Zielparkplatz parke, dreh ich bald durch! Alter Verwalter, da ist tatsächlich gepflügt bis Parkplatz UND noch weiter. Bis zum Leuchtturm ist ebenfalls eine Schneise geschoben. Da passt genau ein Auto durch. Und wie ich da so stehe, kommt aus Richtung Leuchtturm ein Ford Transit 4x4 geschossen und jagt mit Schneestaubwolke an uns vorbei. 

 

Theoretisch könnten wir wohl auch fahren. Aber ein näherer Blick zeigt: keine gute Idee! Stark schneeverweht, links und rechts hohe Schneewände. Wenn wir stecken bleiben, unmöglich Ketten aufzuziehen. Vorab Ketten aufziehen ginge auch…aber der Aufwand…die kalten Finger. Der Schnee liegt teils hoch, ist etwas kompakt…Aufsetzgefahr.

Nee, nee, ich lauf das. Schneeschuhe an die Füsse und Abmarsch. Vorher aber noch schnell alle Kameras klar machen. Canon und DJI Osmo Action, meine guten alten Gefährten, auf die Verlass ist! GoPro Hero 10, neu, keine Aufnahmen mehr möglich mit externem Mikro, Sony knackt. WTF!

Los, ab in die Sonne, Sorgen vergessen, Wind um die Nase wehen lassen. Der Leuchtturm ruft. Weg super zu laufen, wäre auch gut ohne Schneeschuhe gegangen, doch will ich nachher vielleicht noch etwas links, rechts laufen für Fotos und da liegt ordentlich Schnee. 

 

Auf halber Strecke, ich drehe mich ab und an um, so kann ich alles in Augenschein nehmen, sehe ich auf der Zufahrtsstrasse einen riesen Radlader heranfahren. Der Pflügt bestimmt bis zu meinem Parkplatz und macht dann kehrt, denke ich. 

Doch weit gefehlt, 4 Minuten später fährt das Ungetüm direkt auf mich zu…naja…fast direkt, ich bin mit meinen Schneeschuhen in den Tiefschnee ausgewichen um Platz zu machen. Tja, und mit seiner großen Schaufel schiebt er alles, was hier an Schneewehen rumliegt aus dem Weg. Dahinter kommt ein top Weg zum Vorschein, den ich auch gut mit Zottl hätte fahren können. Da bin ich wohl 15 Minuten zu früh los gelaufen.
Im Spaß ärger ich mich, dass ich hier nun laufen muss…aber in Wirklichkeit, wäre ich auch gelaufen, wenn der Weg schon geputzt gewesen wäre. Etwas Bewegung tut gut. Und bei dem tollen Wetter, macht es Spaß. Wäre jetzt übler Sturm, sähe das anders aus. 

 

                 

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Ich winke dem Fahrer zu, er winkt zurück und fährt weiter bis zum Leuchtturm. Ich folge ihm zu Fuss. Doch kommt er mir schon   wieder entgegen, als ich gerade das Schild Slettnes Fyr erreiche und fotografiere.


Diesmal hält er an und wir quatschen ne Runde. Ich erfahre, dass sie hier deutlich mehr Schnee haben als sonst, er 60 Jahre hier schon lebt, eigentlich immer weg wollte, es aber nie durchgezogen hat, er wohnt im quasi letzten Haus hier Richtung Leuchtturm. Wir sind also Nachbarn, scherze ich. Er ist super nett, locker, freundlich und entspannt. Wir quatschen sicher ne Viertel Stunde, dann ruft er sogar noch beim Leuchtturm an und meldet, dass da gleich ein Tourist kommt, der den Turm gerne betreten möchte. Sie sollen mich doch bitte reinlassen.
Ich bin sprachlos! Geil!

Im Turm selbst arbeiten maximal 3 Leute. Also zwar der Turm ferngesteuert, doch echte Menschen sind hier noch vor Ort. Daher auch der gepflügte Weg. 

 

Tja, und dann muss er weiter. Der viele Schnee wartet im Dorf auf ihn.

 

Ich begebe mich wieder auf den Weg und zottl weiter gen Turm. Komme mir aber jetzt etwas blöd vor mit meinen Schneeschuhen auf diesem super sauber geräumten Weg.

 

Am Turm angekommen, empfängt mich gleich ein Turm-Mitarbeiter und meint, Turm sei offen, ich könne rein. Ich bedanke mich freundlich, dann muss er weiter und ich in den Turm.

 

Der steht hier an der Barentsee, ist 39 m hoch, erbaut 1905, zerstört von den Deutschen im zweiten Weltkrieg, wieder aufgebaut, und ist der nördlichste Leuchtturm Europas. Im Sommer gibts hier Waffeln und Kaffee, im Winter Schnee und Sturm. 

 

Kurz ein paar Bilder von außen, dann raus aus dem Wind ins Innere. Dort warten 139 Stufen auf mich. Zum Glück nicht gewandelt, aber sehr steil. 

Ich kämpfe mich bis hoch, nur raus auf den Balkon geht es nicht. Der Turm ist heute noch aktiv in den Monaten mit Nächten. Im Sommer, bei permanentem Tageslicht, bleibt er aus. 

 

Unterwegs nach oben erfahre ich noch einige Infos über die Geschichte des Turms. Die Deutschen versuchten ihn zu sprengen 1945, beschädigten dabei in der Kriegshektik aber nur den oberen Teil. Erst 1949 ging der Leuchtturm wieder in normalen Betrieb. Vorher brannte einfach eine Gaslaterne auf der Spitze vor sich hin. 

 

Bei dem Wiederaufbau behielt der Leuchtturm seinen gusseisernen Sockel bei, nur die Spitze wurde neu gemacht.
Alle Gebäude rund um den Turm mussten allerdings von Grund auf neu gebaut werden. 

 

 


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Die Mitarbeiter die hier noch Dienst tun, müssen das Licht jedoch nicht mehr selbst anknipsen, seit 2005 ist der nördlichste Leuchtturm Europas ferngesteuert. 

 

Oben angekommen, kann ich durch kleine Fensterli nach draußen schauen. Sehe die raue Küstenlinie, die ruhige See und den in der Sonne glitzernden Schnee. Keine Wolke am Himmel zu sehen. 

Der Blick geht gen Westen bis zum nördlichsten Punkt des europäischen Festlandes, Kinnaodden. Im Sommer erlaufbar. Im Winter….naja…

 

Da das Wetter hier oben rau und wechselhaft ist, bekam der Turm 1922 auch gleich noch ein Nebelhorn. Später kam noch eine Radio Antenne dazu. 

 

So genieße ich also den top in Schuss gehaltenen, alten Leuchtturm. Hab ihn ganz für mich alleine und meine Ruhe. Hier lebt Geschichte, sogar ein uraltes Telefon, ganz oben im Turm finde ich noch. Ob es noch funktioniert, wage ich aber nicht zu testen. 

 

Und so begebe ich mich wieder auf den Abstieg, uffbasse! Wer hier abschmiert, tut sich weh!

 

Draußen noch etwas durch den Schnee und Bilder machen und schon bin ich wieder zurück bei Zottl. 11 Uhr….wow…das war ein produktiver Morgen. Jetzt mal Frühstück! Wetter noch immer top.

 

Also erstmal Rührei mit Brot, Salami und Käse. Gestärkt geht dann noch die Drohen in die Luft….keine gute Idee. Der Wind hat zugelegt. Die Drohne treibt aufs Meer. Bis ich das merke ist sie schon 500 m weg und 200 m hoch. Der Rückflug klappt nur im Sportmodus und mit deutlich geringerer Flughöhe. Puh…angestrengt höre ich sie irgendwann wieder anfliegen. Landen. Einpacken. Zudem hab ich praktisch alle aufnahmen verkackt und sie sind fast alle unscharf. Sollte heute wohl nicht sein. 

 

Den Rest des Tages, wir bleiben noch eine Nacht, der Wind nimmt immer mehr zu, verbringe ich mit arbeiten. Daten sichern, Blog schreiben, Video schneiden usw. Der Tag vergeht, die Sonne geht unter, der Himmel wird rosa. Alles beobachtet von unserem Wachmann Friedrich der vorne raus Ausschau hält. 

 

Am Abend kommen dann noch Polarlichter raus, allerdings wieder gehemmt von Gewölk am Himmel. Die Show schön aber nicht spektakulär. Dazu ein noch stärkerer Wind. 

 

Auf www.175.no sehe ich irgendwann, dass die Straße nach Gamvik gesperrt ist, nur noch mit Konvoi befahrbar, so auch weitere Strecken die ich gefahren war um hier hinzukommen. 

 

Gegen 23 Uhr geht das Team schlafen. Draußen stürmt es, der Schnee fliegt tief und wir freuen uns aufs Federbett. Immerhin ist es mit gerade mal minus 4 Grad nicht kalt. 

 

Gute Nacht und bis morgen.

Kai und Team

 

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