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#353 Gefangen in Vardø

 

Samstag, 19.02.2022, gefangen in Vardø

 

 

Hallo zusammen,

gut geschlafen, trotz Sturm. Zu verdanken habe ich das vermutlich zwei Dingen: 

 

  1. den gut verschlossenen Dachfenstern mit Schaumstoff und Armaflex. Da kommt kein klappern oder pfeifen mehr durch. Da herrscht Ruhe!
  2. Meinen Orhopax die alles andere ausblenden.

 

Um halb acht wache ich dennoch auf und die Nacht ist beendet. Draußen bereits hell. Verdunklung auf…uff…Schneesturm Teil 2. Unverändert zu gestern. Zottl wackelt vor sich hin, der Schnee peitscht über uns Hinweg. Ein Wetter bei dem kein Mensch freiwillig vor die Tür geht.

Mich zieht es auch null raus, daher bleibe ich vorerst wo ich bin, im Bett. Erst gegen 8:30 Uhr erhebe ich mich und schlurfe die 2 Meter nach vorne wo ich mich in der Dinette wieder niederlasse. Die Heizung hat Zottl schon schön aufgewärmt.

Außentemperatur gerade mal knapp unter Null, Strassenzustand den ich via www.175.no checke sagt auch nix gutes: Die Strecke nach Vardø ist derzeit und seit 1:00 Uhr nachts gesperrt.
Ne Stund später verlängert sich diese Sperrung bis 16 Uhr. Mein Plan, gegen Mittag hier abzufahren, somit komplett torpediert. Wir haben also noch den ganzen Tag hier in Vardø und eine weitere Nacht. Macht ja nix, uns treibt nix, wir müssen nirgendwo dringend hin!

Mit meinen letzten Milchresten gibts ne kleine Portion Cornflakes zum Frühstück. Ich glaub, wir müssen heute noch einkaufen.  Und auch der BioToi Urin Behälter nähert sich so langsam seinem Limit. 2 Tage gehts wohl noch, dann ist aber Schluss. 

 

Und wie ich so über unsere Situation sinniere und überlege was wir mit dem zusätzlichen Tag in Vardø anstellen sollen, schaue ich aufs Hafenbecken und sehe plötzlich einen Kopf! Hä? Was macht ein Kopf da….dann noch ein Kopf…huch…da sind zwei Seehunde/Robben, und wenn mich nicht alles täuscht, hat der eine einen Fisch gefangen. Ist ja n Ding! Soo cool!!!

Zum Glück hab ich meine Canon mit Zoom Objektiv direkt neben mir und kann die Situation festhalten. Was ein Glück, habe ich auf der Canon das richtige Objektiv drauf. Die Sony hat momentan Weitwinkel Bestückung. So bin ich, auf Fälle wie diese, bestens vorbereitet. 

 

Das wars dann aber auch schon mit Aktion.  Die Robben verschwinden so schnell wie sie gekommen sind. Wir sind hier wieder alleine auf unserem Parkplatz. Und nu?

Blog schreiben!

 




Im Anschluss mache ich Zottl fahrfertig, räume auf und lasse den Motor an. Schauen wir uns mal die V&E Station hier in Vardø an. Die liegt uns gegenüber auf der anderen Seite des Hafenbeckens. Ich rangiere Zottl aus seinem Parkplatz, stelle fest dass auf der Ausfahrt ne Schneewehe liegt die uns fast zum erliegen bringt. Doch kämpft sich Zottl letztlich gut durch.
Kurz darauf sind wir nach kurzer Fahrt über verschneite Strassen an der V&E Station.

 

Kleines, verschlossenes Gebäude. Wasseranschluss außen ausser Betrieb. Die Tür verschlossen. An der Tür ein Zettel: Barcode mit Handy scannen, dann bekommt man den Zugangscode per SMS zugeschickt. Na, ob das wirklich funktioniert??

Mit meinem iPhone 13 scanne ich den Code, warte kurz…wow…ne SMS! Und da steht tatsächlich der Code drin…“*123456*“….sehr kreativ die Zuständigen. 

 

Ich tippe den Code ein, nichts passiert. Hm…kaputt? Außer Betrieb?  Ich drücke mal auf einige Tasten und plötzlich erwacht das Tastenfeld zum Leben und leuchtet. Ich tippe den Code wieder ein….nix…hm…versuchshalber drücke ich die Sterntaste….zack…die Tür öffnet sich. Wow! 

Ganz auf geht sie allerdings nicht, zu viel Schnee davor. Doch für mich reicht es um reinzuschlüpfen. Toilette, Waschbecken, WC Papier. Top! Separates Becken um Schwarzwasser zu entsorgen. Alles sauber. 

So ist mein 3/4 voller BioToi Urinbehälter schnell geleert. Müll auch weggebracht, ein großer schwarzer Container lädt dazu ein, gefüllt zu werden und schon kann ich wieder bedenkenlos pinkeln und Müll produzieren. Super!

Vardø gefällt mir immer besser!

 

Von hier unten am Hafen nun hoch zum Einkaufen. Gut Bergauf. An einer Stelle kämpft Zottl ein wenig mit der Traktion, aber kein Problem, wir kommen hoch und stoppen erstmal für ein paar Fotos auf die wilde See. Der Wind hat sie ordentlich aufgepeitscht. Ich glaube auch, wir sind hier auf dem Hügel der vermögenderen. Die Häuser größer und die Aussicht erstklassig. Aber auch tierisch stürmisch!

Jetzt mal schnell zum Supermarkt, sonst ist es hier gleich wieder dunkel, das wäre blöd, haben wir doch noch was vor. 

Im Supermarkt…gähnend leeres Regal beim Brot. Tja, Straße gesperrt, also auch kein frisches Brot. Sonst aber alles vorhanden. 

Ich suche mir fast einen Wolf weil ich keine Sahne finde…und verlasse den Shop dann auch ohne diese. Dann halt nicht!

 

(Anmerkung 22.03.2022: ICH HABE HIER NOCH IMMER KEINE SAHNE GEFUNDEN! SÜSSE SAHNE! UM SCHLAGSAHNE ZU MACHEN! JEMAND EINEN TIPP???)


War das Wetter noch halbwegs anständig, will sagen trocken, schneit und stürmt es wieder wie die Hölle als ich vor die Supermarkt Tür trete. Oh leck…nix wie in Zottl. Das ist ja übel hier draussen. 

 

Nun aber flott, ab durch Wind und Schnee zu dem Mahnmal der Hexenverbrennung auf der anderen Seite des Dorfes. 5 Minuten später bin ich dort, fahre noch ne Ehrenrunde weil ich nicht genau weiss von wo ich das Mahnmal besser anlaufe. Entscheide mich dann aber zum Glück für die richtige Seite.

 

                 

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Zottl parke ich im Wohngebiet. Bis zum Mahnmal kann man zwar auch fahren, ich traue dem Weg aber nicht. Keine Lust auf rückwärtsfahren oder festfahren. Die paar Meter kann ich auch laufen. 

 

Gut, wie sich herausstellt, hätte ich auch gut fahren können, aber egal. Die letzten 40 m geht es dann über komplett ungepflügten Weg, durch Schneewehen und Tiefschnee. Ich versinke bis zum Oberschenkel im Schnee. Hallo Schneeschuhe….CO-PILOT….ach…Mist, der pennt ja heute durch… Friedrich brauch ich bei dem Sturm nicht rufen, Wind macht ihm enorm Angst, er hat immer die Befürchtung, dass es ihn wegweht. 

 

Ich kämpfe mich durch und stehe vor dem Mahnmal. Ein hoher rechteckiger Bau, schwarz verglast, keine Tür. Ich laufe rein, 180 Grad Kehre und stehe vor einem Stuhl der in Flammen steht. Uff…ich schlucke schwer!
Oben an der Decke hängen große Spiegel die das Licht in verschiedene Richtungen lenken sollen. 

 

Das Mahnmal wurde für die im 17. Jahrhundert verbrannten Frauen (und Männer) erreichtet, denen man vorwarf, Hexen/Hexer gewesen zu sein. 77 Frauen, 14 Männer. Alle verbrannt! Nur weil sie besondere Fähigkeiten oder Eigenschaften hatten. Unfassbar! 

Ich hoffe, diejenigen, die das damals verbrochen haben, schmoren in der Hölle, für die Ewigkeit!

Doch ist dies nur ein Teil des Mahnmals. Teil zwei, deutlich größer, erreiche ich über einen 10 Meter langen Steg, der auch gut zugeschneit ist, aber linksseitig doch genug Platz lässt um ihn zu begehen. 

Hier geht es nun in einen sicherlich 50 m langen Bau der entlang der Küste steht, einem Fischtrockungsgestell nachempfunden, von einem Schweizer Architekt entworfen und gebaut.   In ihm ein langer Gang mit 91 Wandtafeln mit Namen drauf. Für jedes Leben, dass hier ausgehaucht wurde, eine Erinnerung. Schummerig beleuchtet mit Glühlampen.
Da läuft es einem eiskalt den Rücken runter wenn man diesen Gang entlang geht. All die Namen und Geschichte. Die Tafeln leider nur auf finnisch Beschrieben, doch an den zwei Ein/Ausgängen liegen Broschüren aus mit verschiedenen Übersetzungen und Infos. 

 


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Ein ergreifender Ort und ein sehr schönes Mahnmal. Passend, stimmungsvoll düster, die Zeit des 17. Jahrhunderts genau getroffen in meinen Augen. Ein MUSS, sich das anzuschauen wenn man schon hier auf der Insel ist. Kostenlos und leicht zu erreichen!

 

Bei einsetzendem Schneefall kämpfe ich mich zurück zu Zottl, einmal haut es mich fast noch auf die Schnauze, doch letztlich erreiche ich den guten und vor allem schön warmen Zottl ohne Probleme. Erstmal aufwärmen bei Keks und Milch. 

 

Die Dunkelheit nimmt wieder Überhand, weiteres Sightseeing ist für heute nicht mehr möglich, zudem noch immer heftiger Wind und Schneefall. Ich navigiere Zottl über die schmalen Wohnstrassen und ende zurück auf unserem Parkplatz von letzter Nacht. Hier verbringen wir nun auch noch die zweite Nacht. 

 

Der Wind lässt Zottl noch immer erzittern und auch Schneeschauer jagen immer wieder über uns hinweg. Das alles bei minus 2 Grad. Kurz hatte ich überlegt, heute Abend auswärts noch ein Bierchen trinken zu gehen, aber bei dem Wetter, nee, da vergeht mir die Lust. Dann lieber Jogginghose an und arbeiten.

In Zottl, wie immer, lecker warm. Und keiner der mich nervt, die anderen beiden pennen. 

 

Aber, Nachbarn haben wir heute Nacht. Ein Mitsubishi Fuso aus Esslingen stellt sich auf einen der  Parkplätze bei uns. Das ist auch ein cooles Basisfahrzeug. Schmal und geht somit auch gut durch schmale Straßen. 

 

Gegen 22 Uhr fallen mir die Augen zu und ich gehe mal richtig früh ins Bett. Das gabs glaub noch nie seit wir unterwegs sind. 

Bin gespannt was der morgige Tag so alles bringt. Hoffentlich etwas weniger Wind…eine Sache will ich mir hier ja noch anschauen.

 

Gute Nacht und viele Grüsse

Kai

 

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Kommentare: 2
  • #1

    Regina (Dienstag, 22 März 2022 18:35)

    Tipp zur Schlagsahne:
    Ist schon ein paar Jahre her das ich in Norwegen war, kann mich aber erinnern, dass die Norweger zu Kuchen und Co so etwas wie Schmand bzw. Cremefresch gegessen haben. Auf norwegisch hieß das Rømme. Schlagsahne würde Pisket Krem oder Kremfløde heißen.
    Viel Erfolg beim finden

  • #2

    Joachim H. (Mittwoch, 23 März 2022 15:24)

    Nach meiner Erinnerung heißt Sahne "krem" - gibt es u.a. von "Tine" in kleinen Tetrapaks. Süßen musst Du aber wahrscheinlich selber...