Montag, 07.02.2022, Vermessstation Saariselkä, Russische Grenze, Berg am Inari See
Schönen guten Morgen,
Nach einer guten Nacht auf unserem windigen Berg, wache ich gegen 9 Uhr auf und sortiere mein Hirn.
Was liegt heute an? Was muss ich noch alles erledigen? Ist ja Montag, das faule Wochenende ist rum…wobei, ganz ehrlich, faule Tage gibt es hier praktisch nie. Nur rumhängen und faulenzen? Auch nicht! Es ist einfach zu viel zu tun.
Irgendwelche Daten müssen noch gesichert werden, geschnitten oder Korrektur geschaut werden, Blog tippen, ect.
Ist man zu zweit unterwegs, wird die Zeit noch knapper für all das. Denn natürlich sitzt man hier und da mal zusammen, isst zu Abend und arbeitet dabei nicht, usw.
Ein Blick raus zeigt mir, dass es noch immer trüb ist, die Temperatur verharrt irgendwo bei -9°C und ich steh auf, dreh Lüftungsrohre im Wohnbereich auf, stelle die
Heizung von 18 auf 20 Grad, ziehe mich an und geh vor die Tür. Schnell mal umschauen wo wir hier sind.
Mein erste Weg führt mich gen Skilift, dreier Sessel der hier aus dem Tal ankommt. Kurz darauf kommt noch was großes an, eine Pistenraupe. Die Piste wird
präpariert, scheinbar stellen sie nachher noch den Lift an. Meist gegen 10 Uhr geht es hier los mit Skibetrieb. Häufig dafür abends länger so bis 18 oder 19 Uhr.
Was ich auch feststelle, auf unserem Hügel wächst kein Baum mehr und die Sicht ist top. Weiter Blick in das weitläufige Grau am Himmel. Die Welt ist wieder mal schwarz-weiss. Seit Tagen. Kein Schneefall, keine große Kälte, keine Sonne…irgendwie befindenden wir uns hier im Wetter-Niemandsland. Naja…ist halt so!
Ich erkunde weiter unseren Spot. Der Parkplatz wird durch hohen, aufgeschütteten Schnee geschützt, Dennoch war heute morgen um 7:30 Uhr der Schneekratzer hier und
hat mal kurz Radau gemacht.
Das Skigebiet ist klein, auf dem Gegenhügel geht auch noch ein Lift hoch, viel mehr erkenne ich nicht. Rechts von der Piste, gen Süden ausgerichtet, stehen noch ein
paar geduckte Häuser im Schnee, vermutlich Ferienhäuser.
Zurück zum Parkplatz und auf den Turm der hier gen Norden gerichtet rumsteht. 6-7 m hoch, überragt er den Parkplatz, massiv aus Stahl trotz er hier dem Wetter. So sieht er auch aus, total eingefroren.
Wie ich lese, ist es ein alter Vermessungsturm der für die Vermessung Finnlands verwendet wurde. Das Goethe Institut hat damit irgendwas zu tun. Heute ist der Turm ein reiner Aussichtsturm, denn vermessen wird heute per GPS.
Vorsichtig besteige ich den Turm mit meinen Gummistiefeln. Oben angekommen…ist immer noch alles grau. Ich sehe aber gen Norden weiter, weil ich nun ausserhalb des Schnee-Schutzwalles des Parkplatzes bin. Weiter Blick, Hügel ohne Bäume, Täler voller Bäume…grau.
Auf dem Weg runter, auf der letzten Stufe, als mein linker Fuss den Boden wieder berührt, zieht es mir diese auf dem rutschigen Schnee weg und es haut mich fast ungebremst auf den Hintern. Zum Glück hatte ich gerade noch die Hand am Geländer und kann den Sturz etwas abfangen…in der anderen Hand hab ich Canon EOS R6 auf dem Gimbal….komme was wolle, das Equipment wird immer geschützt, ich recke diese Hand weg vom Boden.
Autsch….schnell wieder hoch bevor das hier noch jemand sieht…. Nix passiert, alles noch heil.
Zurück bei Zottel treffe ich auf Katja, wir verabreden das Ziel für heute Abend. Beim Inari See aufm Berg, 10 km vor Inari.
Tagsüber trennen sich unsere Wege allerdings. Ich fahre vor ihr ab und erstmal 60 km gen Osten, sie direkt nach Inari. Wüsste ich, was kommt, ich würde wohl auch direkt gen Inari fahren.
Aber nein, ich weiss es ja nicht, also setze ich mich frohgemut ans Steuer und düse los. Zottl springt ohne jegliche Probleme an, die Starterbatterie Spannung immer so bei 12,7-12,8 Volt. Und da ich heute etwa so total 2 h fahren werde, ist auch die Aufbaubatterie nach diesem Ritt wieder vollvoll und auch die EcoFlow bekommt Saft. Die ist noch immer ziemlich down.
Erstmal also hier den Berg wieder runter, zur Tankstelle, für 1,979 EUR Diesel tanken. Als ich vor mir einen Wagen mit Luzerner Kennzeichen sehe, muss ich schon
kurz lachen. Stehen zwei Schweizer in Lappland an einer Tankstelle…so könnte ein Witz beginnen.
Doch zu lachen ist mir nicht zumute als ich den Tankbeleg sehe….nochmal Autsch.
Motor an, weiter, wir verlassen Saariselkä und halten uns in nördlicher Richtung. Etwas welliger hier oben, immer mal wieder seichte Kurven, die Strecke eisig aber mit 90 km/h kommen wir gut voran.
In Ivalo verlassen wir die E75 und begeben uns auf die 91, nach Osten, gen russische Grenze. Ein Schild erzählt uns, dass es bis Murmansk etwas mehr als 300 km sind.
Die Piste ist übel eisig, 40 km kämpfen wir uns über Hügel, durch Kurven und Senken. Geräumt ist die Strecke gut, aber das Eis Zentimeterdick. Dennoch, auch bei Bremstests, die ich auf meinem ganzen Trip immer mal wieder mache, die Reifen haben halt. Verzögern gut und auch auf dieser Piste können wir 70-80 km/h fahren. Auf den gesamten 40 km kommt uns jedoch kein einziges Auto entgegen. Auch überholt uns nix! Krass. Am Ende der Welt, gefühlt!
Neben mir, Co-Pilot und Friedrich, heute wieder bei der Arbeit, scheinen sich nicht ganz so wohl zu fühlen. Mit Russland haben sie so ihr kleines Problem. Haben sie doch gehört, das Bären da zum Teil nicht soooo gut behandelt werden. Das finden sie unfair und wollen sich lieber Fernhalten von dem Staat. Tja Jungs, mitgegangen mit gefangen… (Anmerkung Stand, 6. März: ein Irrer führt mittlerweile Krieg gegen einen souveränen Staat! Co-Pilot und Friedrich haben es damals wohl schon kommen sehen...)
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Als wir ca. 1 km vor der finnischen Grenzstation sind, ist die Grenzstation plötzlich direkt vor uns! Hä!!!?? Ich schaue bestimmt 10 mal auf Google Maps und die vor mir aufragende Mauer der Grenzstation.
Völlig unauffällig bin ich nämlich nicht gleich auf die Grenzstation zugefahren, sondern links auf einen kleinen geräumten Platz gefahren, wo auch direkt eine Überwachungskamera hängt.
Ich kann mir irgendwie nicht erklären, warum auf Maps die Station noch weit weg ist, sie aber tatsächlich hier direkt vor meiner Nase steht. Das Problem an der Sache: ich komme nicht auf den Parkplatz, der mein Ziel ist. Der liegt nämlich noch 1 km weit weg, also direkt vor der Grenzstation auf Google Maps. Aber da war nix. Aber ich bin ja auch noch nicht dort….oh man…das ist echt verwirrend. Friedrich kann sich auch keinen Reim drauf machen, schnappt sich aber mein altes Samsung S8 Handy und beginnt zu googeln. Co-Pilot ist erstarrt. Die Russen! Ich glaub, am liebsten würde er aussteigen und in die entgegengesetzte Richtung laufen….ich stell es mir vor und muss lachen!
Gut, ich fahr jetzt mal auf das Gelände der Grenzstation, da hat es Parkplatzschilder. Dort checken wir die Lage, vielleicht findet Friedrich ja was im Netz.
Langsam rolle ich auf die Station zu, am liebsten würde ich eine weisse Fahre raushängen, hab ich aber nicht…hm…der Co-Pilot ist weiss….er weigert sich, den Kopf aus dem Fenster zu hängen.
Die Finnen haben mich bestimmt schon auf dem Radar, so wie ich da gerade 10 Minuten unter der Überwachungskamera geparkt habe.
Auf einem Parkplatz, nahe der Grenzstation, parke ich, Motor aus. Außer mir ist hier kein Mensch. Die Grenzschranken sind alle unten, die Ampeln rot. Aber ich fühle mich beobachtet…CO-PILOT, hör auf mich anzustarren!!!!!
Da steht unser Team jetzt und weiss nicht weiter. Doch Friedrich hat da einen Artikel im WWW gefunden über dies Grenzstation: Die ist neu, im Herbst 2021 in Betrieb gegangen, 1 km weiter im finnischen Innland. 1 km von der alten Grenzstation entfernt die wohl total verschimmelt und verrottet war und daher nicht mehr nutzbar. Bei 80.000 Grenzübergangen pro Jahr, musste was neues her, man erwartete auch steigende Zahlen, doch dann kam Corona und nur noch 16.000 Leute queren hier die Grenze pro Jahr. Na, voll verzockt, würde ich da sagen.
Doch erklärt all das, warum hier a) das Gebäude steht und wir b) nicht zu unserem angedachten Parkplatz kommen. Und nu? Ich betrachte das mehrstöckige Gebäude, die Parkplätze die diversen Schranken rechts vom Gebäude die alle ROT anzeigen. Ich kann doch jetzt nicht auf die Schranke zufahren, hoffen dass sie einer öffnet und wir zu unserem angedachten Parkplatz kommen und dann zum Sightseeing Spot laufen können. Hm…
Und wie ich so im Auto sitze, das Internet konsultiere und überlege, sehe ich ein Fahrzeug der Grenzwacht hinter dem Gebäude vorschießen. Mir schwant schon was jetzt kommt…wir sind zwar weiss und verschmelzen oft mit der weissen Landschaft, doch die Jungs haben spezielles Equipment und sind auf Eindringlinge geschult. Oh, oh….
Kurz darauf kommt das Grenzwachtfahrzeug von hinten längsseits, 3 Meter Abstand zu uns, und hält. Das Fenster geht runter…ich öffne meins…äh…nee…verdammt…geht nicht…ah, Zündung…Zündung an, Fenster runter, ich grüße freundlich. Die Grenzer grüßen zurück in Englisch.
Ich frage wie es geht, der Grenzer fragt zurück. Alles gut bei uns, immerhin nicht so kalt, meine ich. Da lacht er! Dann erkläre ich ihm, was ich vorhatte. Er meint, an den Parkplatz käme ich nicht mehr hin, ich müsse zurück. Es gibt einen neuen Parkplatz 500 m down the road.
Ich bedanke mich freundlich für die Auskunft, wir verabschieden uns, die Fenster gehen hoch und die Grenzer fahren von dannen. Wir auch! Drehen und ab.
Die 500 m fühlen sich wie 2 km an, aber egal. Den Parkplatz hatte ich vorhin gesehen. Kamen wir ja dran vorbei. Diesmal sehe ich auch das Schild, dass den Weg zum Sightseeing Spot an der Grenze zeigt. Uff…da steht ne 5…damit sind sicherlich 5 km gemeint. Oh man…
Ich parke, schau mir da alles an. Ein Gatter versperrt den Weg, doch lässt sich das öffnen, problematischer ist der Schnee. Im Sommer darf man hier vermutlich mit
dem Auto reinfahren, es gibt kein Fahrverbotsschild, doch jetzt….SCHNEE! Ich sehe zwar Spuren von Kettenfahrzeugen und Schneemobilen, aber mit dem Auto geht gar nix. Auch Allrad würde nicht
helfen. Hier geht es nur mit Ketten oder zu Fuss weiter.
13 Uhr mittlerweile, in 2 Stunden beginnt es dunkel zu werden. 10 km laufen, plus die Zeit an der Location, das geht sich nicht auf. Kann ich abhaken. Vom alten
Spot, näher an der Grenze wären es total ca. 5 km zu Fuss gewesen. Das wäre in der Zeit machbar, aber 10 km, bei Schnee, mit Schneeschuhen…
Dennoch, ich bin hier, will mich etwas bewegen, Schneeschuhe an, durchs Gatter und los. Vermeintlich in die Richtung des in 5 km entfernt liegenden Aussichtspunktes Raja-Joosepin Kenttä . Ein Flecken Erde an dem man, wenn man am Fluss stehend, den Kopf nach links dreht, direkt nach Russland blickt.
Dumm nur, dass ich falsch laufe! An einem Abzweig denke ich nicht weit genug, laufe links statt geradeaus, Ende irgendwo 1,5 km im Wald, laufe praktisch parallel
zur Straße im Wald bis fast auf höhe der neuen Grenzstation. Auf einem Schneemobil Weg auf dem auch einige Fussspuren sind.
Der Irrweg wird mir aber erst klar, als der Weg aufhört und ich mich auf Google Maps orientiere….FALSCH! F*****!
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Ich drehe frustriert um, alternativ bliebe nur, hier den Berg hoch, quasi querfeldein und den richtigen Weg finden. Im Wald sinke ich trotz Schneeschuhen jedoch bis zum Knie im Schnee ein. Somit, no Way. Zurück zu Zottl. Es ist bald 2 Uhr. Ich breche die Übung ab, zum Sightseeing Spot reicht es nun bei weitem nicht mehr.
Bei Zottl verstaue ich all meine Sachen, gönne mir noch ne Runde Kekse mit Milch, sehe ein fettes Kettenfahrzeug kommen, in den Weg einbiegen aus dem ich gerade kam
und im Wald verschwinden. Daher also die Spuren von Ketten…aha. 30 Minuten später kommt es zurück und fährt auf der Straße in die Richtung aus der
es kam.
So machen wir das kurz darauf auch, Motor an, Abfahrt, ab an den Inari See. Katja hat den Schlafspot bezogen, übel steile Anfahrt, berichtet sie. Ich soll besser
Schwung nehme, aber unten noch auf den Schildern schauen, was da steht. Aha…
Die Fahrt gen Inari st unspektakulär. Nix los. Wir kommen gut voran. Das Tageslicht verschwindet, irgendwann ist es fast dunkel als wir von der Hauptstraße E75 links abbiegen.. Zuletzt wurde die Landschaft wieder hügeliger und kurviger und nun müssen wir den Berg hoch.
Abbiegen…oh Schilder…ich werde langsam…alles finnisch…Schritttempo…nee, ich kann nix lesen. Ne Schranke ist dort, aber offen…also…ui…da gehts aber gleich mal berghoch. Wie war das mit Schwung holen? Verdammt. Ich hab nix geholt, wir stehen fast.
Erster Gang rein und langsam beschleunigen, ab in die Steigung, und es sind sicher 10% die uns hier empfangen. Auf Schnee immerhin, allerdings nicht super festgefahren. Wir kommen aber in Schwung, zweiter Gang und immer schön am Gas bleiben und möglichst weiter beschleunigen. Hier und da eine leichte Kurve, aber immerhin keine übeln Kehren. Die Kurven kann ich nachts gut schneiden, Gegenverkehr würde ich schon aus der Ferne erkennen anhand des Lichtkegels.
So jagen wir den Berg hoch, kommen sogar noch in den dritten Gang…immer voll am Gas. Bloss nicht langsamer werden oder anhalten. Gas, Gas Gas….immer wieder noch eine steile Rampe nach kurzen flacheren Abschnitten…
Doch, wie schon so häufig hier, schaffen wir es hoch und sehen kurz darauf auf einem großen Parkplatz, mit nem Nugget drauf. Hallo Katja! Wir haben es geschafft. Puh!
Gute Reifen und Schwung!
Ich stelle Zottl neben den Nugget geh hallo sagen und wir verabreden uns für später zum Essen im Zottl.
Sie macht n Salat, ich mir Rührei mit Schinken und Toast.
So sitzen wir in Zottl und Essen. Später zieht sie zurück in den Nugget, arbeiten. Den ganzen Abend behalten wir den Himmel im Auge, es besteht die Chance auf
Polarlichter. Doch sehen wir keine Sterne, hängen hier unter Hochnebel rum. Mist!
Doch etwas nach Mitternacht…Blick raus durch die Frontscheibe…oh, ein Stern….Schiebetür auf, hm…noch mehr Sterne, aber auch noch Hochnebel, doch hat er
Lücken.
Ich hole meine Canon, mache ein Probebild in Richtung Norden…hm…irgendwie etwas grünliches am Himmel. Noch ein Bild…hm..ja…grünlich!
Noch bevor ich bei Katja klopfen kann, geht bei ihr die Dachluke auf…ich sage ihr was ich auf meinem Bildschirm seh….japp…Polarlichter.
Kurz darauf stehen wir halbwegs warm angezogen draußen, Stativ und Kamera parat und fotografieren. Unterschiedliche Belichtungszeiten, Blende offen, ISO mal etwas höher mal etwas tiefer, je nach Intensität des Polarlichtes. Wow! Mein erstes richtiges Polarlicht! Hammer!
Es ist nicht übermässig intensiv, auch der Hochnebel lässt es hier und da diffuse wirken…aber wow! Der Hammer! Ein gewaltiges Gefühlt.
Das Licht hält uns ne Stunde in Atem, dann schiebt der Hochnebel sich davor und alles wird wieder Grabbenacht. Das wars für heute für mich. Gegen halb drei liege ich im Bett, erzähle noch kurz Co-Pilot und Friedrich was los war, die bekommen große Augen und schlafen kurz darauf ein…ich auch!
Gute Nacht und bis morgen…
Kai und das Polarbear Team.
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