Hallo zusammen,
hier nun die direkte Fortsetzung von Blog #226. Es ist Sonntagnachmittag, wie stehen noch immer in Urnäsch im Wald, der Parkplatz ist voll, ich angezogen und in der Sonne im verschneiten Wald unterwegs. Herrliches Wetter, dennoch kaum Leute anzutreffen. Doch es täuscht, warm ist anders. Es geht ein zügiger kalter Wind. Der hat schon den Himmel frei geputzt, aber lässt in der Höhe auch die Bäume wackeln.
Ich hab entschieden, den verbotenen Weg hinter Zottl zu laufen. Nachdem da schon sicher 100 Leute und mehrere Autos entlang sind, werden wir das auch wohl überleben.
Zuerst schön in der Sonne, durch Wald, wird es bald drauf schattig und affig kalt. Und als wir den Wald wieder verlassen, wird klar warum vor Lawinen gewarnt wird. Links ein steiler Schattenhang,
diesem entlang der Weg. Wenn sich da was löst, ist auf dem Weg Feierabend. Und natürlich sind irgendwelche Wintersportler den Hang auch schon runter gewedelt.
Hier im Schatten am Wegesrand steht auch noch der Lawinenschutzschneemann. Süß der Kleine, nicht gebaut von mir, aber dennoch ein Foto wert. Jetzt aber schnell weiter. Weg vom Lawinenhang und
wieder rein in die Sonne die nach den nächsten Linkskurve schon auf uns wartet.
Ah...was ein herrliches Wetter, Sonne im Gesicht, Schneeberge mit feinstem Power Snow um uns rum und schöne Ruhe. Ich folge einfach immer dem Weg. Frage mich, wo all die Schlittler hin sind die in diese Richtung mit Schlitten abgezogen sind. Irgendwo müsste da doch ein Schlittlhang kommen. Doch nix zu sehen! Keine Spuren, kein Freudengekreische...nix. Echt seltsam!
Und natürlich, wie könnte es anders sein, kommt mir auch wieder der Säntis vor mein R600 Objektiv und muss wieder dran glauben. Und als ich alles Schöne abgelichtete habe, drehe ich um und wandere zurück zu Zottl. Treffe dabei noch auf den 3/4 Vollmond, lichte ihn bei strahlendem Tageslicht ab und freu mich.
Bei schräg stehender Sonne treffe ich wieder bei Zottl ein, mache noch schnell ein paar letzte Bilder und mich im Anschluss an die Arbeit. Der Schnee muss runter om Van. Denn wir müssen heute
noch ne Stunde gen Winterthur fahren.
Also mache ich mich mit meinem Besen bewaffnet fröhlich ans Werk. Front sauber, Dach sauber, Seiten entschneien, alle Eiszapfen entfernen mit denen sich Zottl versucht, mit dem Boden zu
verbinden.
Als die Sonne Geschichte ist, bin ich fertig, die Temperatur schon im Minusbereich, Zottl innen jedoch noch nicht fahrbereit. Dann mal schnell, alles aufräumen, Co-Pilot, Friedrich nach vorne
schleifen und los.
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ACHTUNG: es fallen Schimpfwörter und ich fluche!
Da wir nicht stark eingeschneit stehen, gehe ich davon aus, dass wir locker raus kommen. Tja, weit gefehlt.
Der erste Versuch endet mit NULL Bewegung. Zottl bewegt sich keinen Millimeter. Als wäre die Handbremse angezogen. Ich fass es erst gar nicht. Checke dreimal die Handbremse. Aber nix! Zottl
bewegt sich nix. Ich bringe ihn noch nicht mal zum wackeln. WTF! Das gibts doch nicht!
Leicht genervt hole ich meine Schneeschippe und mache die Räder richtig frei, sehe aber nicht wirklich das Problem und warum ich hier keinen Wank machen kann. Schaufle dennoch sämtlichen Schnee
rund um alle Reifen weg und auch vorne rum um Zottl.
Wieder rein in Zottl, Gang, Kupplung....nix. Vorne links dreht der Reifen durch...oder ist es rechts...ich weiss es nicht mehr genau...aber in Vortrieb wird nix umgesetzt.
Zottl steht wie festgenagelt. Ja scheiß die Wand an, das gibts doch jetzt echt nicht! Kann doch nicht sein! Warum bewegt sich Zottl null. Motor aus. Raus. Und jetzt? Ketten? Oh nee....bitte nicht!
Ich blicke vorne unters Auto. Befreie die Vorderräder noch mehr von Eis. Die stehen praktisch in einer Eisschicht. Da muss das ganze Tauwasser hingelaufen sein und dann den Reifen eingefroren
haben. Ich hacke und mache, zerstöre gleich mal meine neue kleine Plastik Schneeschaufel, fluche und kotze. Auch keiner mehr da der hier noch helfen könnte. Parkplatz fast leer, wir sind auf uns
alleine gestellt.
Blick nach hinten unters Auto...hm...was ist das denn? Warum hat die Hinterachse an einer Position Boden/Schneekontakt. Hm....komisch....mit der Schaufel versuche ich an diese Stelle zu kommen,
recht mittig unter Hinterachse, und entferne so gut es geht diesen Kontakt. Ich muss da beim Rückwärtsfahren drauf gerutscht sein. Hält uns das fest???
Mit einigem Gewürge und Gefluche bringe ich die Hinterachse wieder frei. Nächster Versuch.
Motor an, Gang rein, Zottl bewegt sich minimal, ich bekomme ihn aber zum Schaukeln nach einigem vor und zurück....und nach zig Schaukelversuchen komme ich frei, fahre 1 m und rutsche dann nach links weg und stehe wieder. Der Parkplatz ist leicht schräg was das Abrutschen nach links begünstigt. Fuck!
Rückwärtsgang rein und hoffen, dass die Reifen irgendwie Halt finden. Ich hab Glück, rückwärts geht, aber bloß nicht zu weit, sonst hänge ich womöglich die Hinterachse wieder auf....also nur n halben Meter rückwärts, ersten Gang rein und behutsam aufs Gas.....es geht...Zottl hat Grip, ich schlage leicht die Räder nach rechts ein, merke wie wiederwillig Zottl vorwärts kommt, gebe mehr Gas und wieder mehr Geradeauslauf und komme weiter vom Fleck...nochmehr Gas, die Räder wühlen und Zottl wackelt aber wir kommen endgültig raus. Ich fahre noch ein paar Meter weiter, bis ich Mittig auf dem Weg stehe und diesen komplett blockiere. Puh...das war ja mal wieder eine Geburt.
Bei letztem Tageslicht sammel ich Kamera, Schaufel und meine Nerven wieder ein und mache mich fertig für die Fahrt ins Tal.
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Die Zufahrt zum Parkplatz sieht nicht so gut aus wie Freitag, aber ist halbwegs fahrbar.
300 m geht alles gut. Dann kommen wir an einem weiteren leeren Parkplatz vorbei, kurz sehen wir sogar Asphalt und wähnen uns in Sicherheit. Doch was jetzt kommt, lässt uns schier wieder hängen bleiben.
Der Weg schmal, links und rechts hoher Schnee, nicht sauber geräumt. Zottl's Spur so breit, dass ich entweder links oder rechts mit den Rädern in den aufgeschobenen Schnee komme. Das nimmt den Schwung, sobald ich gegenlenke, kommen wir mit der anderen Seite in den losen Schnee, dann kommen auch noch Fußgänger die am Rand im Weg stehen.
Die Situation ist mal riesen Scheiße. Und wenn wir hier hängen bleiben, dann ist wohl auch kaum Platz an den Seiten um Ketten zu montieren. Ich fahre wie ein besoffener, versuche Zottl in der Mitte zu halten, doch er verfängt sich immer wieder links oder rechts im Schnee, zieht dann auch sofort in diese Richtung und wird weiterhin immer langsamer....
Oh nein, oh nein, oh nein...Zottl....tu uns das nicht an....wir müssen hier durch kommen, irgendwie...nicht stehenbleiben und festfahren. Wenn das passiert, sind wir komplett im Arsch!! Du schaffst das, ich kurbel und gebe Gas, versuche alles, die Fuhre am rollen zu halten. Der Co-Pilot ist vor Schreck erstarrt, hatte er sich doch auf eine ruhige und entspannte Fahrt runter ins Tal mit Hörbuch und dunklen Straßen gefreut. Stattdessen jetzt dieser Kampf auf Leben und Tod. Verdammte Axt! Wir werden immer langsamer!
Mit letzter, wirklich letzter Kraft bringen wir die Passage dann aber doch hinter uns und erreichen einen besser geräumten Abschnitt und sind in Sicherheit! Puh...das war verdammt haarig und kam
überraschend. Der Co-Pilot sieht vor schreck ganz verstrubbelt aus. Ich reiche ihm seine Schönheitsbürste, so dass er seinen Pelz gezähmt bekommt.
Den Rest der Fahrt ins Tal bekommen wir ohne weiterer Zwischenfälle hin. Erst unten am Fuß des Berges kommt uns ein Fahrzeug entgegen, doch können wir dort ohne Probleme kreuzen. Wir verlassen
Urnäsch und fahren über Herisau auf die Autobahn gen Winterthur.
Bei Aadorf verlassen wir die Autobahn und schlagen uns wieder ins Hinterland. Verlassen den Thurgau und begeben uns gen Kanton Zürich. Unser Ziel ist heute ein P4N Platz bei Schauenberg.
Natürlich ist einmal Verfahren Pflicht, wir jagen einen Hügel hoch, müssten oben rechts, verpassen die Einfahrt jedoch und fahren den Hügel auf der anderen Seite wieder runter. Friedrich
mault...irgendwas von "den Diesel zahlst du jetzt aber selber"...ich ignoriere ihn...überlege aber kurz ob ich ihn unten am Berg absetzen soll, so dass er hochlaufen kann, verwerfe den Gedanken,
drehe und fahre den Berg wieder hoch und fahre diesmal richtig.
Kurz darauf rollen wir durch Schauenberg, nochmal den Berg hinter dem Dorf hoch, alles auf gut und schwarz geräumten Straßen und sind kurz darauf oben angekommen. Parkplatz! Geräumt! Keiner da!
Wir bleiben!
Von hier sind es nur 15 Minuten bis zu Selzam (Truma Schweiz Partner in Winterthur). Da können wir unseren Termin morgen um 13 Uhr locker erreichen. Es sei denn, der neuerliche Schnee über Nacht
macht uns einen Strich durch die Rechnung.
Das sehen wir dann aber morgen, heute Abend wird noch schön gekocht und gegessen. Ich mache mir ein schnelles Curry, dazu gibts wie schon gestern Abend lecker Thun Bier und ne nette Unterhaltung
mit Co-Pilot und Friedrich. Ein oder zwei Autos kommen noch vorbei, sonst ist nix los. Die Sicht in Richtung irgendwo auch ganz nett, wir sehen Lichter im Tal, der Mond scheint. Hier werden wir
sicher gut nächtigen.
Gute Nacht und bis gleich.
Schönen guten Morgen,
07:30 Uhr, aufstehen, Frühstück. Zottl aufräumen, dem Schneegestöber zuschauen und gegen 12 Uhr, im heftigsten Schneegestöber, verlassen wir den Schlafplatz. Die Straße sieht halbwegs gut aus,
der Schnee setzt nicht so richtig an und wir jagen los.
Gegen 12:30 Uhr erreichen wir Winterthur, parken bei Lidl und warten, dass die Uhr 13 Uhr schlägt. Von hier sind es nur einige hundert Meter bis Selzam, dem Truma Partner bei uns in der
Schweiz.
So rolle ich auch pünktlich auf den Hof, übergebe Zottl, erkläre die Problematik, erkläre auch die Luft im Schlauch von Dieselpumpe zur Heizung und schaue dann noch zu, wie Zottl in die Halle
fährt. Leider darf ich nicht mit, Corona Regel.
Einen Aufenthaltsbereich gibt es auch nicht. So vertrete ich mir die Beine. Laufe die Straße hoch und runter, durchs Gewerbegebiet, ein übles Schneeschauer weicht mich noch ein. Klar, ich könnte
rüber ins Bauhaus gehen...aber im inneren müsste ich Maske tragen und wäre Corona stärker ausgesetzt...da bleib ich lieber im Schnee stehen.
Eine Stunde vergeht. Kein Anruf. Mittlerweile kenne ich das Gewerbegebiet recht gut, finde Boote, Camper, Fiats und Hyundai's. Man wollte mich anrufen wenn der Fehler gefunden ist.
Der Anruf kommt nach 1,5 h. Ja, Fehler E122H. Tritt heute auf. Es kommt kein Diesel an der Heizung an. Laut Rücksprache mit Truma Deutschland sind die Blasen/Luft im Diesel vom Bereich
Dieselpumpe bis Heizung normal.
Die Brennkammer muss raus, der Glühstift ersetzt werden. Das geht aber nicht heute. Nicht mehr genug Zeit, benötige neuen Termin.
Alternative können man es auch mit einer neuen Dieselpumpe versuchen. Okay sage ich, baut eine neue Dieselpumpe ein. Vielleicht spinnt ja tatsächlich die bestehende.
Dafür wird nochmal so ne Stunde benötigt...okay...ich warte.
Wieder ziehe ich meine Kreise und Bahnen durchs Gewerbegebiet. Kenne mittlerweile jeden Busch, Strauch, Baum beim Namen. Immerhin erwischt mich kein zweites Schneeschauer. Doch wird mir so langsam echt kalt. Auch der Kamera Akku ist fast alle.
Nach 60 Minuten der erlösende Anruf. Pumpe ist drin. Ich kann Zottl abholen. Der Techniker erklärt mir was gemacht wurde, zeigt mir auf einer Explosionszeichung, wo die Brennkammer sitzt und meint, die müsse getauscht werden wenn es nicht an der Dieselpumpe läge. Da hier auf Stunden bezahlt wird, wurde die Pumpe nur eingebaut aber nicht getestet.
Also schnappe ich mir meinen Zottl und den Rest vom Team und ziehe davon. Die Heizung ist aus. Das bleibt sie auch. Wir fahren jetzt ohnehin nach Hause. Getestet wird die Heizung auf dem nächsten Trip. Eine Rechnung über 400 CHF finde ich zwei Tage später im Briefkasten.
Auf der Fahrt nach Zürich erwischt uns und Zürich ein weiteres Schneeschauer. Was dazu führt, dass Zürich Downtown während unserer Durchfahrt langsam aber sicher vereist. Im Feierabendverkehr und bei einsetzenden Frosttemperaturen verwandelt sich die Straße mehr und mehr in eine Eisbahn. Es ist teil spiegelglatt und wir haben Probleme beim Anfahren. Entsprechend läuft der Verkehr im Schneckentempo und wir brauchen ewig bis wir mal durch die Stadt sind. Und wer denkt, das wars, der ist getäuscht. Wir sind noch nicht zu Hause!
Auch zu Hause ist Winter und es schneit. Meine kleine Bergstraße zur Wohnung ist verschneit und mir schwant böses. Mit möglichst viel Schwung fahre ich über die Bahngleise, dann durch die S-Kurve
und berghoch. Mit hängen und würgen schaffen wir den Anstieg. Biegen um die Kurve und fahren den Berg im Schrittempo weiter hoch. Sau glatt ist es, eisig unten mit etwas Schnee oben drauf. Ein
Wunder das Zottl hier hoch kommt. Oben drehe ich und schlittere den Berg wieder runter um über die Rampe zu Zottl's Parkplatz zu kommen. Angekommen! Zu Hause. Was für eine Wochenende!
Der Co-Pilot ist vor lauter Stress völlig erledigt, Friedrich ist auch platt. Ich lege sie in Zottl's Heck, unter mein Federbett, sofort herrscht ruhe und seliges schnarchen. Winterschlafe Pause!
Ich schnappe mir die wichtigsten Dinge und schleife alles hoch in die Wohnung. Feierabend.
Danke schön, dass ihr bis hierher durchgehalten habt. War wieder schön mit euch unterwegs zu sein. Wir sehen uns auf dem nächsten Trip.
Viele Grüße und bis bald.
Kai und Team
PS: Das Thema Heizung ist mittlerweile erledigt und sie tut wieder. Mehr dazu hier.
GPS Koordinaten:
Urnäsch irgendwo im Wald: 47.289309, 9.249494
Platz bei Schauenberg: 47.457235, 8.869077
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Joachim H. (Donnerstag, 01 April 2021 21:31)
Hallo Kai, sehr spannend beschrieben, diese angstvollen Momente bei grenzwertigen Straßenverhältnissen (sind mir selbst auch ganz und gar nicht unbekannt)...und trotzdem riskiert man es immer wieder (oder vielleicht gerade deswegen?)...Liebe Grüße, Joachim