Schönen guten Morgen,
wenn der Tag doch nur so friedlich weiter ginge, wie er beginnt. Aber...ich will nicht vorgreifen.
Nach einer ruhigen Nacht die wir ganz alleine hier oben verbringen durften, schaue ich mich morgens etwas um. Allerdings ohne vor die Tür zu gehen, sondern mit meinem neuen 600mm Canon Tele
Objektiv R600.
Dabei sehe ich, dass hier ein Schild hängt: Camper dürfen hier am Wochenende nur bis 9 Uhr parken. Danach müssen sie weg und den Skifahrern und Tagestouris Platz machen. Mir geht da nur durch den
Kopf: und wenn der Camper nun auch skifahren oder schneeschuhlaufen will? Darf er dann bleiben, oder muss er auch weg...seltsam!
Egal, es ist Donnerstag, ich bleibe. Denn ich will noch vor die Tür. Erstmal aber frühstücken und auf Wetterbesserung hoffen. Noch hängen die Nebelwolken tief. Schnee gab es über Nacht keinen
signifikanten, dennoch die Landschaft tiefgefroren und weiß. Gaaanz hinten im Tal reißen die Wolken auch schon auf. Laut Wetterbericht sollte es heute relativ sonnig werden.
Gegen späten Vormittag, ich bin nicht mehr alleine, Hausfrauen mit Kids, Schneeschuhläufer und Skiwanderer sind auch hier, begebe ich mich mal schüch vor die Tür. Temperatur
check...hm...frisch...aber da ich mich ja bewegen werde, lieber nicht zu warm anziehen.
Skihose und Winterjacke, darunter nicht zuuu viele Schichten. Ich schnappe mir meine Kameras, Rucksack und schnalle mir Katja's Schneeschuhe an die Füße. Ab in den Tiefschnee.
Muss sagen, macht echt n sau Spaß so durch den Powder zu wandern. Es geht bergan und ich komme nur langsam voran weil ich dauernd stoppe um zu filmen. Das ist recht anstrengend, denn ich muss die Strecken immer mehrfach laufen. Kamera platzieren, daran vorbei laufen, Kamera wieder holen. Dabei beim Platzieren Umwege laufen, denn das unberührte Schneefeld soll ja nicht schon vor der Aufnahme zerstört werden.
Nach 40 Minuten erreiche eine Bank mit einem Gipfelkreuz. Na, da haben wir es wohl geschafft. Bei dem nächsten Gipfelkreuz, weit, weit oben, war ich ja schon mal, so muss ich da nicht unbedingt
nochmal hin.
Ein paar Fotos später laufe ich durch die verschneite Landschaft zurück zu Zottl. Herrlich! Ruhe, tolle Sicht und immer mal wieder ein wenig Sonne. Wobei diese nicht unbedingt bei mir rumhängt
sondern eher weiter hinten im Tal. Ich latsche hier hauptsächlich im Wolkenschatten.
Bei Zottl angekommen noch ein paar Fotos, alles verräumen und Abfahrt. Wir haben heute noch was anderes zu erreichen.
So fahren wir, wie wir gekommen sind, zurück gen Einsiedeln. Dort will ich noch im Lidl stoppen. Vorräte aufstocken.
Über die gut geräumte Straße geht es durch Wald zurück runter nach Willerzell und an die Brücke über den Sihlsee.
Tagsüber ist die Brück natürlich stärker befahren. Für Postbusse gibt es eine Ampelregelung, denn großer Buss und PKW kommen hier nicht aneinander vorbei.
Mit Zottl geht das aber gut. So düsen wir flott über die Brücke, beeilen uns um möglichst wenig Gegenverkehr zu haben. Die ersten zwei Auto die uns entgegen kommen, machen keine Schwierigkeiten.
Wir kommen locker aneinander vorbei.
Das Dritte Auto, ein Mercedes Coupe SUV. Hm...reicht das? Ich denke mir ja...überlege noch eine Millisekunde den linken Außenspiegel einzuklappen, denke aber, dass der Spiegel hoch genug
angebracht ist, um über dem des Mercedes zu sein.
So fahren wir also aufeinander zu, der Mercedes wird langsamer, und als wir auf gleicher Höhe sind, knallt es! Nun, das Geräusch kenne ich. Vor vielen Monden hörte ich ein ähnliches Geräusch in
Irland. Damals stieß mein Peugeot 206 Spiegel mit einem Mazda Spiegel zusammen.
Heute...nun....Zottl's Außenspiegel mit dem eines Mercedes. Wie sich die Zeiten doch ändern...Geräusche aber gleich bleiben.
Während ich den Warnblinker anschalten und auf die Bremse trete, geht mir durch den Kopf: Kai, du bist ein Idiot! Das hast du nicht anders verdient! Ich hätte den Spiegel einklappen müssen. Die Brücke ist für 2,30m freigegeben. Mit eingeklapptem Spiegel erreicht Zottl das. Scheiße! Ich grandioser Depp!
Wie ich so zum Stillstand komme, ist mir klar: ich bin schuld. Zudem hab ich keine Lust auf die Diskussion der Schuldfrage! Schnell husche ich nach hinten, schnappe mir eine meiner TravelCampingLiving Visitenkarten, steige aus und laufe zügig rüber zum 100 m entfernt stehenden Mercedes.
Eine Dame steigt aus, begrüßt mich kurz und meint sofort: "Wenn man doch schon so ein riesen Auto fährt (Zottl ist gemeint), dann klappt man doch den Spiegel ein..."
Ich pariere sofort und meine: "Hier ist meine Karte. Ich bin an dem Malheur schuld. Lassen sie es doch bitte reparieren und schicken mir die Rechnung!"
Das nimmt den Stress aus der Situation und den Wind aus allen Segeln. Ich entschuldige mich noch für meine Blödheit. Der Mercedes Spiegel ist definitiv hinüber, das gibt einen Neuen.
Die Dame notiert sich noch mein Kennzeichen, ich räume ein paar Plastikteile zusammen, wir verabschieden uns und schon fahren wir weiter.
20 Minuten später bin ich am Lidl in Einsiedeln und schaue mal kurz an was bei Zottl kaputt ist: Spiegel noch dran, nur am unteren äußeren Ende fehlen ein paar Plastikteile. Egal! Der Spiegel funktioniert noch, Glas ist keines kaputt. Glück gehabt.
Was lernen wir draus: Zottl ist robuster als ein Mercedes....oder so...
Nach dem Lidl Einkauf noch kurz auf die Autobahn, in die falsche Richtung, und etwas Wasser bunkern und sofort wieder drehen und gen Glarus. Unser Ziel liegt heute etwas höher als gestern. Wir wollen auf den Urnerboden.
Bei Glarus verlassen wir somit die Autobahn und eiern das ganze Tal hinter bis im Linthal dann endlich der Klausenpass beginnt. Der ist natürlich zu im Winter, doch bis zum Urnerboden kommt man
hoch. Das sagt auch das Hinweisschild welches am Wegesrand steht.
Wir begeben uns also in den Berg. Null Verkehr, mittlerweile auch schon wieder dunkel und so fahren wir völlig unbehelligt hier den Hang hoch.
Nach den ersten Kehren wird jedoch klar: so ganz ohne ist die Strecke nicht. Über Tag gab es Tauwetter, jetzt heute Abend bei -2°C gefriert das Tauwasser auf der Straße. Zum Streuen hatten sie
heute Abend wohl keine Lust mehr.
Und je höher wir kommen, desto angespannter wird die Lage im Cockpit. Co-Pilot und Friedrich geben keinen Laut mehr von sich, ich bin konzentriert am fahren. Hier und da, aus den Kurven raus,
verlieren Zottl's Vorderräder Bodenhaftung weil der Untergrund eisig gefroren ist.
Und zum Eis kommt irgendwann auch noch vermehrt Schnee. Wie auf Eiern hangel ich mich von Kurve zu Kurve und halte Zottl in der Spur. Links Abhang, rechts Steil hoch. Und als wir dreiviertel der
Strecke hinter uns haben, fährt Zottl mehr oder weniger auf Schnee. Im zweiten Gang mit 30 km/h versuche ich möglichst ohne Lastwechsel gut hoch und durch alle Kurven zu kommen. Die Serpentinen
haben wir hinter uns, es geht nun langsam in geschwungenen Kurven hinter ins Tal gen Urnerboden.
Die Temperatur mittlerweile bei -5°C, teils sieht man Sterne, sieht nach einer kalten Nacht aus. Da freut sich meine Heizung.
Und mit den letzten Metern der Steigung erreichen wir das Hochtal. Theoretisch hätte man jetzt einen tollen Blick ins Tal, praktisch is es grabbe Nacht und man sieht außer einer verschneiten
Straße nicht viel.
Co-Pilot schlägt vor, doch mal in den dritten Gang zu schalten, ich folge dem Vorschlag und so rauschen wir mit ca. 50 km/h gen Schlafplatz.
Den erreichen wir etwas später und ich bin verwundert. Eigentlich hatte ich geplant, auf der Passstraße zu nächtigen. Denn ab einer gewissen Stelle ist die Strecke einfach nicht mehr geräumt.
Doch, da wenig Schnee liegt, führen noch Autospuren auf den gesperrten Teil der Strecke. Somit scheint hier also noch irgendeine Art von Verkehr zu sein, und ich kann schlecht auf der Straße
parken und nächtigen.
So ein Mist! Bei -8°C benötigen wir nun Plan B. Möglichst hier oben im Tal. Runter will ich bei dem Eis nicht mehr heute Nacht.
So drehe ich Zottl und fahre die gleiche Strecke, die ich gerade gekommen war, wieder zurück.
Nach zwei Kilometern sehe ich auf der linken Seite einen geräumten Parkplatz. Ein Subaru SUV (was auch sonst) steht dort und ich platziere Zottl einfach direkt dahinter.
Genug Platz ist vorhanden, selbst wenn noch weitere PKW kommen sollten. Weitere Camper hab ich hier oben keine gesehen. Vermute mal, wir bleiben hier heute alleine.
Motor aus. Die Temperatur zeigt -10°C. Cool! Endlich mal ordentlich kalt draußen.
Den Gang vor die Tür erspare ich mir. Ohnehin dunkel und nix zu sehen. Machen wir morgen bei Licht.
Und weil es Zeit für Abendessen ist, mich ein leichtes Hüngerli überkommt, überlege ich, was ich zu Abend esse. Kochen? Nee, nicht wirklich.... Dann halt Brot! Hab genug dabei, mit Käse, Schinken
und Salat ist das auch ein gesundes Abendessen. Friedrich sieht das zwar etwas anders, aber was solls.
Nach dem Abendessen kommt flott der Laptop auf den Tisch. Ich muss noch ein paar Stunden Videos bearbeiten.
Erst gegen 1 Uhr stoppt mich meine Müdigkeit. Der Blick auf die Außentemperatur lässt mich Böses erahnen: nur noch -2°C. Es sieht nach Föhnsturm aus statt Schneefall. Wenn das morgen früh mal
nicht ne böse Überraschung gibt...
Jetzt aber erstmal ne Runde schlafen. Was morgen kommt, sehen wir ja dann.
Viele Grüße und gute Nacht
Kai
GPS Koordinaten:
Sattelegg morgens: 47.126870, 8.846866
Urnerboden
abends: 46.895091, 8.914600
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