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#143 Uri, Klausepass - Haben wir den Sommer verpasst?

Hallo zusammen,

 

ich höre es schon in der Nacht, kann es aber immer wieder ausblenden indem ich meine Ohropax tiefer ins Hirn drücke. Doch am Morgen, irgendwann gegen 08:30 Uhr, kann ich es nicht mehr ignorieren. Ich muss mich der Sache stelle und sie akzeptieren: es Regnet! Nicht überraschend und eigentlich auch irgendwie schön. Denn Regen am Morgen…da kann man beruhigt liegen bleiben, verpasst draußen nix und so chille ich noch ein wenig im Bett rum.

 

Die neben mir sind schon wach, huch, und etwas unruhig. Mir scheint, sie schielen in Richtung Verdunklung und wollen raus schauen. Hm…komisches Verhalten. Kenn ich so gar nicht von Co-Pilot und Friedrich.

Nun ja, ich bin ein netter Mensch und öffne ihnen auf ihrer Seite die Verdunklung. Grau, Regen, Wolken, Nebel….viel zu sehen ist nicht. Aber kaum ist das Rollo oben, beginnt der Kampf um den besten Platz am Fenster…man, man, man…was habt ihr denn? Man sieht doch kaum was.

 

Naja, egal, ich widme mich meinem Handy, beantworte Insta Kommentare, Antworte auf YouTube und bin erstmal 45 Minuten beschäftigt. Und da ich es weiter regnen höre, hab ich auch kein schlechtes Gewissen, dass ich um 10 Uhr noch immer im Bett liege.

 

Doch irgendwann muss ich raus, gewisse Bedürfnisse wollen erledigt werden, so mach ich das mal und stell vorher noch die Heizung auf 20 Grad. Nix mehr zu spüren von Sommer…. Da ich noch keinen Hunger habe, die Welt weiter grau ist, stelle ich meinen Laptop auf den Tisch und starte mein Schnittprogramm.

 

Damit beschäftige ich mich die nächsten 1,5 Stunden. Und als ich mal wieder aufschaue und raus blicke, trifft mich für einen Moment der Schlag. Sind das….äh…hm…CO-PILOT…siehst Du das auch? Ich meine ein zustimmendes Brummen zu hören…könnte aber auch der Wind gewesen sein. Ich schaue nochmal genau raus…ja…jetzt ganz deutlich zu sehen, der Regen geht in…das gibt’s doch nicht…in Schnee über!!! Und zwar rasant! Je länger ich rausschaue, desto mehr Flocken werden sichtbar!

 

Wow…ja, es sollte laut Wetterbericht auf 2000 m runter schneien. Ich stehe aber auf ca. 1950 m. Da haben wir aber Glück, dass wir es hier auch schneien sehen…

So, wo war ich…Schnittprogramm…Tessin Tour mit Manfred…weiter geht’s.

 

Doch meine Nach-Draußen-Schau-Intervalle werden kürze, ihr wisst ja, ich liebe Schneefall und Schnee… und als ich das nächste mal schaue, wird das Gras um mich rum schon weiß. Ups…das hätte ich nicht gedacht…aber auf der Straße bleibt das weiße Zeug doch sicher nicht liegen. Der Boden ist doch warm.

 

Über Nacht hatte ich zwei parkende Mitschläfer. Einer davon bricht jetzt auf. Will sich wohl nicht dem Schnee Risiko aussetzen. So sind wir noch zu zweit. Und als ich wenig später wieder schaue, wird der Schneefall immer dichter, die Flocken große und dick und ja leck…die Passstraße wird weiß. Der Schnee setzt an. Und der Parkplatz auf dem ich stehe ist schon schneebedeckt.

 

Ups…ein klein wenig ein mulmiges Gefühl beschleicht mich. Soll ich auch abhauen? Oder mich wenigstens von diesem leicht bergauf führenden Parkplatz verabschieden und mich oben auf den Pass stellen? Da sind ein paar ebene Parkplätze.

Jetzt Zottl bewegen würde aber bedeuten: erst das Chaos beseitigen zu müssen das im Inneren herrscht. Daher…nö…ich bleib wo ich bin. Meine stark angefressenen Allwetterpuschen und die mitgeführten Schneeketten werden es im Notfall schon irgendwie richten.

 

                

Weiter mit schneiden, aber so richtig konzentrieren kann ich mich nicht mehr. Immer wieder schweift mein Blick nach draußen. Wir haben Anfang Juni 2020 und es schneit. Generell für die Alpen nix außergewöhnliches, aber für mich doch irgendwie. Vor allem kommt es total überraschend. Das war so weder erhofft noch geplant noch gesehen…

Naja…maximal vielleicht von Co-Pilot und Friedrich…die wollten ja heute Morgen sofort raus gucken… Wahrscheinlich haben sie den kommenden Schnee in ihren Nasen gespürt und wollten ihn kommen sehen. Die zwei haben es faustdick in der Nase!

 

Da draußen mittlerweile ein Winter Wonderland entsteht, alles weiß, einige cm Schnee liegen und es haut kräftig weiter runter, entscheide ich: warm anziehen! Raus! Nur gut hab ich immer auch Winterklamotten an Bord. Bin ja kein Anfänger und weiß, dass es in den Alpen auch im Sommer kalt sein kann.

 

Draußen erwartet mich Vollwinter. Leichter Wind, starker Schneefall und alles Co-Pilot farben. Verrückt! Die Passstraße hoch kommen nur noch Fahrzeuge mit Allradantrieb. Subarus, Audis und oh…ein älterer Sprinter mit Heckantrieb. Mutig, der Letztgenannte.
So stapfe ich lustig durch den Schnee, bin schon nach wenigen Minuten ein eingeschneiter Schneemann mit schwarzem Untergrund. Es schneit heftig und mir immer schön ins Gesicht. Kurz darauf kämpfe ich mit einer nassen und eingeschneiten Kamera die nicht wirklich wasserdicht ist. Das Mikro sieht aus wie des Co-Piloten Nase: weiß, überall Schneeflocken und Wasser.

 

Der Schnee ist matschig, der Boden wohl noch warm genug, so dass nix festfriert. Doch wenn das hier so weiter schneit und auch kein Schneepflug kommt, dann muss ich wohl bis Montag bleiben. Bei so einer schneebedeckten Fahrbahn, will ich den Pass nicht unbedingt runter fahren. Da ich genug Essen, Wasser und Diesel dabei habe, wäre das auch kein Problem.

Doch ich mach mich nicht verrückt, genieße das Winterwetter und filme lustig vor mich hin.

 

Nach ner halben Stunde, durchnässt, einer triefenden Kamera und einer kalten Hand, hab ich alles im Kasten und begebe mich tropfend in Zottl. Jacke schnell ins Bad, was bin ich froh um mein Festbad. Dach etwas auf, beide Heizungsauslässe auf und Feuer frei. Die Jacke wird schnell trocken sein und die Feuchtigkeit nicht in Zottl. Versuch das mal mit nem Raumbad….

 

Nach diesem ausgiebigen Schneeerlebnis ist nun auch der Hunger vor Ort angekommen. Brot, Ei, Butter, Käse, Schinken auf den Tisch. Ah…Kaffee…lecker! Draußen schneit es munter weiter, hier drin ist es wunderbar gemütlich aber irgendwie dunkel. Das Dachfenster ist dick schneebedeckt…schon enorm was sonst an Licht von oben reinkommt. Der Nachteil z.B. wenn man ein Aufstelldach ha: keinerlei Dachfenster und daher null Licht von oben, der Van irgendwie eine eher dunkle Höhle.

 

Der Rest vom Vormittag geht irgendwie rum, ich sitze am Laptop und schneide, die befellten Mitreisenden schauen weiterhin raus und bemerken irgendwann, dass der Schneefall aufgehört hat bzw in leichten Regen übergegangen ist. Vorher war auch noch Kollege Schneeschieber in Form eines Betonmischers über den Pass gekrochen in beide Richtungen und hat die Straße vom Matsch befreit.

Es sieht also so aus, als müssten wir hier nicht übernachten.  Hm…schade eigentlich…

      

Auch die Schneedecke auf unserem leicht abschüssigen Parkplatz reduziert sich zusehends. Hier werden wir kein Problem haben. Die Ketten können drin bleiben. Hm….schade eigentlich…

 

Um 17 Uhr kommt nochmal Bewegung in mich. Die Drohne geht bei dichtem Nebel in die Luft. Ich muss ja Zottl’s Dach noch vom Matsch befreien und das könnte die Drohne ja für die Nachwelt festhalten. Mit Besen bewaffnet zwänge ich mich durch meine Dachfenster und schiebe den Großteil des Schnees vom Dach. Funktioniert gut. Inklusive Drohne umplatzieren am Himmel und immer wieder durch die Fenster würgen, dauert es jedoch einen Moment. Als ich den Aufklärer Lande, ist er patschnass. Schnell trocken reiben und erstmal aufs Bett legen, so dass alle Feuchtigkeit gut trocknen kann und nicht im Gehäuse verbleibt. Elektronik und Wasser…keine gute Mischung!

 

Ohne Schnee auf dem Dach, fährt unser Team dann dem Wochen Ende entgegen. Die Straße frei, kein Verkehr, wir kommen sowohl gut vom Parkplatz also auch wieder gut ins Tal. Ein aufregender Tag geht zu Ende und ein tolles Wochenende.

 

Nächste Woche wird Zottl wieder als rollendes Büro genutzt und Freitag führt uns Zottl’s Nase hoffentlich ohne Probleme nach Deutschland und in die Pfalz. Seid gespannt was wir dort dann treiben.

 

Viele Grüsse und bis bald.

 

Kai

 

GPS Koordinaten:

Griesslisee: 46.857721, 8.872365

Klausenpass: 46.867907, 8.854536




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