Samstag, 26.10.2024
Schönen guten Morgen,
in den ersten Stunden alles wie immer. Aufwachen, Tee, arbeiten und zuschauen wie sich der Parkplatz füllt. Gut was los hier. Frühstück aus Toast und Spiegelei und als alle satt sind, ist ja nur Flauschy heute am Start, können wir abfahren. Geben wir unsere Parklücke frei für die Locals. Und tschüss! Ruhig gestanden hier heute Nacht. Schöner Spot.
Motor an, 15 km Schotter, dann treffen wir auf Asphalt. Unser Ziel heute: Lettland! Der nächste Baltische Staat auf unserer Liste. Wollen wir doch mal sehen, was er uns zu bieten hat.
Das Wetter heute grau und trüb und mit jedem Kilometer gen Ost-Nord-Ost wird es schlechter. Anfangs nur Grau, später auch noch Sprühregen. Sonne wird es heute keine geben. Also machen wir Kilometer. Unser Ziel in Lettland: Kuldīga. Eine 10.000 Seelen Gemeinde irgendwo im Nirgendwo. Doch warten hier so einige Superlative auf uns.
Nach nochmaliger Schotterstrecke, Google kannte da wohl mal wieder ne tolle Abkürzung, kommen wir wieder auf Asphalt und wenig später an die Grenze. Keine Grenzgebäude, keine Kontrollen. Stünde da nicht ein einsames Schild, ich hätte nicht gemerkt, dass hier ne Grenze ist. Hallo Lettland! Unser erstes mal. Wir sind gespannt.
Im ersten größeren Ort stoppe ich und filme kurz ein Fazit zu Litauen. Ich implementiere diese Fazits lieber in meine Reisevideos als daraus ein separates Video zu machen. Weniger Arbeit für mich. Und es ist schneller gemacht und ihr habt schneller die Infos.
Was bleibt zu sagen zu Litauen und dem Küstenstreifen den wir gesehen haben?
Freistehen, kein Problem. Einzig auf der Kurischen Nehrung gab es hier und da Übernachtungsparkverbot. Aber noch genug Parkplätze, auf denen man nächtigen kann
Diesel ist günstiger als in Polen mit 1,30-1,40 Euro.
Lebensmittel erschienen mir teurer als in Polen.
Parken in Innenstädten kein Problem, gegen kleines Geld oder kostenfrei über Nacht.
Kaunas definitiv ein Highlight, sollte man sich anschauen.
Frischwasser zapfen kann man vielerorts, für sowas einfach bei Park4Night schauen. Genug Zapfstellen verzeichnet.
Campingplätze hab ich kein angefahren, keine Ahnung wie da die Lage ist.9
Müllentsorgung null Problem. Mülleimer ohne Ende
Straßen nicht so gut wie in Polen, welliger und öfter mal Flickenteppich. Aber es wird in neuen Belag investiert auf den Hauptstrecken
NebenNebenStraßen gerne Schotter-Erd Mischung als Belag. Schlaglöcher generell nicht viele gesehen.
Währung Euro...sehr angenehm, fast überall Kartenzahlung möglich.
Das Land sehr sauber, die Städte ebenfalls. Schön fürs Auge.
Litauen hat uns gut gefallen. Sehr flaches Land, sehr entspannt und gechillt. Auf der Landstraße überholen sie gerne und ausgiebig die Litauer. In der Stadt fahren sie absolut anständig und jeder hält am Zebrastreifen an. Wirklich jeder! Selbst wenn da kein Zebrastreifen ist, hat jemand gehalten und mich über die Straße gelassen.
Und nun Lettland...der Sprit bei rund 1,50 Euro. Nach der Videopause ziehe ich weiter durch das graue Land gen Kuldīga. Auch Lettland präsentiert sich flach und landwirtschaftlich geprägt, durchsetzt mit Wäldern. Die Bäume herbstlich geschmückt. Ich stoppe noch an einem Parkplatz mit Mülltonnen und ToiToi. Entsorge kurz meinen BioToi Urin. Zwar noch nicht voll, aber was weg ist, ist weg und kann wieder gefüllt werden.
Nach diesem Kurzstopp geht es weiter und weiter, alles Landstraße, alles Asphalt. Aber keine Autobahn. Irgendwann eine größere Ortschaft die wir queren, auf der anderen Seite geht es durch eine kleine Senke und dann bergan in einer langgezogenen Linkskurve. Ich nehme an, dass ich schon ausserorts bin und gebe etwas Gas. Keine Häuser mehr, kein innerdörflicher Look. So beschleunige ich den KaiWINplus und sehe dann, im vorbeifahren, einen weissen Polizeitransporter rechts im Gras stehen. Leicht versteckt, von unten aus der Senke konnte ich ihn nicht sehen. Kurz darauf passiere ich das Ortsschild. Es dämmert mir schnell...fuck...
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Die Straße macht nun eine leichte Rechts und ich sehe das Polizeiauto im rechten Aussenspiegel. Sehe, wie es sich in Bewegung setzt, das Blaulicht einschaltet und in meine Richtung fährt. Da ich mit etwas über 70 den Berg hochgefahren war, wird der Abstand zum Polizeiauto aber erstmal noch größer. Hm....
Ich gebe Gas. Beschleunige den KaiWINplus auf 100 kmh. Der Polizeitransporter im Aussenspiegel wird immer kleiner. Flauschy meint...gib Gas...also tue ich was sie sagt...beschleunige weiter. Die Straße nun gerade, nix los. Wir jagen schon bald mit 120 km/h über die Piste. Im Rückspiegel, sehr weit entferntes, hektisches Blinken von Blaulicht. Flauschy....SCHNELLER!!!!!
Langsam frag ich mich, ob das ne gute Idee ist...ich beschleunige auf 140 km/h...im Rückspiegel ist nichts mehr zu sehen. Links und rechts Wald...die Strecke nun leicht geschwungen. Die Kurven bekommen wir noch so gerade in dem ich beide Fahrspuren nutze, die Bäume fliegen an uns vorbei.
Plötzlich zuckt Flauschy....in 200 m Entfernung ein Schild nach irgendwo in den Wald rein, ich werf den Anker, hau die Bremsen rein, das ABS legt los, die Strecke feucht, eine Vollbremsung. Hinten schepperts und alles fliegt durcheinander was nicht fest verstaut war. Ich bringe den Van auf Abbiegetempo runter, Blick in den Rückspiegel, nix zu sehen...wir düsen in den Wald, Dirt Road, Licht aus, beschleunigen auf das Maximum was der Weg zu lässt. Bloss weg von der Straße, tiefer in den Wald...immer tiefer.
Im Rückspiegel erkenne ich kein Blaulicht, das Wetter grau, der Wald dunkel, unser Van grau...wenn ich nicht bremse, sind wir von der Straße aus vermutlich nicht mehr zu erkennen. Aber winzig erkenne ich noch die Straße im Rückspiegel und sehe, wie ein Polizeiauto an der Einfahrt in vollem Tempo vorbei schiesst.... Ha...wir sind safe...abgehängt...Level erreicht...Insert Coin...
Next Level: how to escape from a country without getting caught by the police....
Äh...What???? Ich erwache aus meinem kurzen Tagtraum, wo war ich denn gerade? Ich tuckere mit 70 über die Landstraße, warte praktisch auf die lahmen Cops. Bin mir ziemlich sicher, die haben gelasert und wollen nun ihren Gewinn einfahren. Ich war innerorts, deutlich über 70 km/h...für einen Samstag gute Beute für die Cops.
Im Rückspiegel sehe ich, wie sie langsam aufholen und irgendwann an unserem Hintern kleben. Blaulicht an, Sirene an. Wollen die wirklich uns oder sind sie auf dem zufälligen Weg zu einem anderen Einsatz? Auf überholen haben sie zumindest keine Lust, sie bleiben hinter mir. Vor uns erscheint eine Überlandbushaltestelle. Ich könnte einfach weiter fahren und schauen was passiert...entscheide mich aber dagegen. Fahre in die Bushaltestelle und halte an. Die Cops folgen und stoppen hinter mir. Aha...sie wollen zu uns. Ich warte!
Zwei Minuten später kommt eine Polizistin zu mir ans Fenster, spricht mich sofort auf lettisch an. Ich...Bahnhof...teile ihr auf Englisch mit, dass ich nur die Weltsprache Englisch und Deutsch verstehe. Sie...spricht leider nur ein paar seehr wenige Worte Englisch, dabei ist sie noch jung, da hätte ich was anderes erwartet. Sie fragt ob ich Russisch spräche....haha...niet!
Sie will Pass und Fahrzeugpapiere, ich überreiche alles und verschwindet wieder. Ich mache den Motor aus...das wird jetzt etwas dauern hab ich so im Gefühl.
Zumal die Papiere nicht zusammenpassen. Fahrzeugschein auf Reisemobile Melzer, mein Reisepass auf mich...das passt nicht. Wenn das mal jetzt nicht ein Problem gibts. Mietvertrag hab ich nicht, der Van ist nicht als Mietwagen zugelassen. Hm...ich warte, und warte.
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10 Minuten später kommt sie wieder, mit Klemmbrett und Zettel drauf. Telefonnummer bitte? Oha...da will eine junge Dame meine Telefonnummer. Na, das ich das nochmal erlebe. Date heute Abend?
Als nächstes möchte sie meine Emailadresse...oha...die wills aber genau wissen. Ein wenig stutzig macht mich das nun aber schon, ich will keinen SPAM im Postfach. Schließlich reduziere ich auch meine ganzen Newsletter derzeit und melde mich überall ab. Also frage ich nach...Emailadresse? Zu welchem Zweck? Sie antwortet mit einem Wort: FAST
Aha...sie will kein Date...sie will nur mein Geld! Menno...so ein Mist aber auch. Auf dem Zettel den ich gerade ausfülle, steht 74 km/h und eine Vorgangsnummer...aha...ja, 74 km/h kommt hin, so schnell war ich wohl. Mist!
Reisepass und Fahrzeugpapiere bekam ich schon wieder, jetzt noch das Formular unterschreiben. Fertig! Wenn ich die Polizistin richtig verstehe, bekomme ich irgendwann ne Email mit weiteren Infos. Und dann ist sie weg, gefühlt ein wenig auf der Flucht vor der Sprachbarriere. Ich packe alles wieder weg und denke nur: Gut, ist heute Samstag und Friedrich hat frei. Wenn der das mitbekommen hätte, der wäre noch vor der Polizistin völlig ausgeflippt mir gegenüber. Hunderte Vorwürfe hätte ich mir anhören müssen...
Unterm Strich: mein Fehler! Ich war zu schnell. Hab nicht aufgepasst. Scheisse! Schauen wir mal was es kostet. Motor an, weiter. Sind noch 40 km.
Flauschy schaut mitfühlend zu mir rüber, weiss wohl was kommt am Montag wenn Friedrich diese Geschichte mitbekommt...und freut sich innerlich wohl, dass sie dann im Wochenende ist...ich kann sie verstehen. Ich wäre auch gerne im Wochenende.
40 km später erreichen wir Kuldīga. 10.000 Einwohner, aber gut was los. Ich parke ausserhalb des Dorfes entlang der Straße. Kameras und los. Erster Stopp das erste riesen Highlight: die längste Backsteinbrücke Europas die noch von Autos befahren wird. Rund 160 m lang, 6 Pfeiler, sieben Rundbögen. Wow...massives Teil. Zuletzt restauriert 2008. Ordentlicher Trümmer der hier über die Venta führt. Doch ist das noch nicht alles, weiteres Highlight: der breiteste Wasserfall Europas. Rund 270 m bei Schneeschmelze. Riesen Teil, direkt Flussaufwärts neben der Brücke. Leider nur 1,8 - 2 m Fallhöhe. Also....naja...nicht so imposant. Früher haben sie hier mit Körben statt mit Angeln gefischt. Die Fische sprangen, um zu ihren Laivhgebieten zu kommen, hier den Wasserfall hoch...in die Körbe der Fischer. Praktisch.
Nach diesem Highlight kommt nun das dritte absolute Highlight. Der Marsch über die Brücke in die Innenstand von Kuldīga. Denn die ist seit 2023 UNESCO Weltkulturerbe! Kein Scherz. Diese 10.000 Einwohner Dorf hat es echt faustdick hinter den Ohren. Mitten im Nirgendwo ein solches Highlight. Krass!
Was ich zu sehen bekomme ist ne Menge grobes Kopfsteinpflaster, alte Häuser, keine Neubauten, teils renoviert, teils renovierungsbedürftig. Zweimal "verfolgt" mich noch die Polizei mit Blaulicht....puh...nee...doch nicht...sie wollen nicht zu mir. Uff...schreiben lieber Parksünder auf. Gut so!
Schön sieht es aus hier, Backstein-, Fachwerk-, Holzbauten. Alt, grau, farbig, renoviert, schön....eine Mischung an der das Auge immer wieder irgendwo hängen bleibt. Cool. Die Fußgängerzone lang und breit und der Boden neu gemacht. Gefällt mir. Diese Bilder bleiben im Kopf.
Ich schlendere die Fußgängerzone hoch und runter und dann zurück zum Van. Doch irgendwas stimmt nicht mit dem Weg...so bin ich nicht gekommen...hm...das kommt hier alles nicht bekannt vor. Verlaufen in einer Kleinstadt? Kann ja schier nicht sein. Ich laufe weiter und stehe plötzlich vor einer Bierbrauerei. DUNA Brewery. Huch...einstöckige, weisse Gebäude, langgestreckt, Musik...es richt nach Rauch, Tischtennisplatte steht rum. Als ich den Innenhof betrete, links ein Restaurant mit Smokern vor der Tür, 17 Uhr, noch zu früh zum Essen, rechts ein Eingang mit DUNA angeschrieben. Ich schaue mich noch etwas um, wird langsam dunkel. War heute Zeitumstellung, der Tag jetzt noch kürzer. So laufe ich rein, finde auf der rechten Seite Brauerei Zeug und links Kühlschränke mit Glasfront und eine Zapfanlage.
Erst stehe ich planlos rum, dann kommt jemand und ich stelle mich kurz vor und was ich mache. Kurz darauf, Unterhaltung auf Englisch, hab ich ein Bierglas in der Hand und darf drei Sorten, die sie vom Fass haben, probieren. Rauchig, IPA und noch eins. Alle drei lecker!
Seit 4,5 Jahren brauen sie hier Bier. Experimentieren mit Geschmacksrichtungen. Füllen auch in Weinfässer aus Spanien ab und lagern das Bier dann 7 Monate.
Mandarine-Limone mit Gin Cocktail....8%...aber der Gin so gut versteckt, dass man keinerlei Alkohol schmeckt. Davon drei Dosen die wie Limo schmecken und die Welt dreht sich schneller und wird lustiger. Ich trinke nur einen Schluck.
Nach 30 Minuten verabschiede ich mich und sage Danke. Bier im Wert von 17 Euro im Rucksack, bezahlt wohlgemerkt, nicht geklaut, so wie Friedrich vorgeschlagen hätte. Der wird Montag komplett durchdrehen...Strafzettel und 4 Dosen Bier für 17 Euro...oh je...vielleicht sollte ich ihn Sonntag noch irgendwo im Wald...hm...
10 Minuten später laufe ich wieder über die Backsteinbrücke und bin kurz darauf beim KaiWINplus. Uf...ich merk das Biertasting leicht. Fahren sollte ich jetzt nicht, glaub hier ist 0,2 Promille.
Daher erstmal ne heisse Schoggi mit Sahne. Die neutralisiert. Dann arbeiten...hilft auch...Abendessen irgendwann. Nudeln mit Pestososse. Die große Gaskochstelle will mal wieder nicht. So gebe ich heute Druck auf den Knebel: Pestoglas und Wasserflasche halten den Knebel gedrückt.
Und schon lange steht fest: ich fahr heute nirgendwo mehr hin. Pennen hier. Allerdings nicht hier an der Straße sondern weiter vorne auf einem Parkplatz.
Den fahre ich um 22 Uhr an, 300 m, ich wieder stocknüchtern. parke und hab Feierabend. Arbeiten noch bis Mitternacht, dann ab ins Bett. Morgen ziehen wir weiter. Flauschy will nochmal ans Meer....
Gute Nacht und bis morgen. Schön, ward ihr heute wieder mit dabei.
Liebe Grüsse
Kai und Flauschy
GPS Koordinaten:
morgens: siehe Blog vom Vortag, abends
abends: Kuldiga beim Aussichtsturm
Unsere heutige Route: ca. 160 km
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